Kreativkatastrophen und andere Höhepunkte
Was für großartige Gestrigkeiten: Elf bieder-korrekte Anzugmänner und Kostümfrauen, ganz Schlips und Bügelfalte mit grauem Hut, tauchen aus den Tiefen der 60er Jahre, weit entfernt von jeder Eleganz, Uniformträger einer untergegangenen Angestelltenkultur aus dem Geist der Vollbeschäftigung, als noch kein Mensch übertrieben originell oder kreativ sein wollte, sondern mit ordentlich stupiden Tätigkeiten in soliden Nine-to-five-Jobs ihre liebenswert spießigen Familien versorgten. Der Begriff Mainstream war noch nicht so geläufig, man hätte sich jedenfalls nichts Böses dabei gedacht.
Aus ihren Mündern pladdert ein dauerndes Gemurmel, zwar angestrengt ausdrucksbemüht, aber trotzdem nicht der Rede wert, nicht einmal der simpelsten Hauptsätze. Helmut Kohl ist später damit Kanzler geworden. An ihren Gliedern zerrt schon der Besonderungs-Drang, ein Rucken und Zucken, Recken und Strecken aus dem schlipsumschnürten Durchschnitts-Innersten, aber weit kommen sie damit noch nicht. Es reißt sie gelegentlich von den Füßen oder schleudert sie in den Bühnengraben, einzelne rebellierende Arme, Beine, Gesichter werden aber schnell wieder einfangen, glattgefaltet, einsortiert. In ihren Ohren dröhnt das ...
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Theater heute Jahrbuch 2012
Rubrik: Das Theater mit der Kreativität, Seite 24
von Franz Wille
Wenn es einen Wunsch gibt, der innerhalb der Gegenwartskultur die Grenzen des Verstehbaren sprengt, dann wäre es der, nicht kreativ sein zu wollen. Dies gilt für Individuen ebenso wie für Institutionen. Nicht kreativ sein zu können, ist eine problematische, aber eventuell zu heilende und mit geduldigem Training zu überwindende Schwäche. Aber nicht kreativ sein zu...
Gottesanbeterinnen (lat. Mantodea), auch Fangschrecken genannt, sind ganz erstaunliche Tiere. Sie verfügen über die Gabe, langanhaltend reglos in jener aus Menschensicht betend wirkenden Haltung auszuharren, um dann im entscheidenden Augenblick mit einem präzisen Fangapparat Insekten aus der Luft zu fangen. Sie sind äußerst gut getarnt und dadurch leicht etwa mit...
42 Kritiker, selbstverständlich die allerkritischsten und wählerischsten, haben lange mit sich gerungen und die Höhepunkte der Saison gewählt: Stücke, Regisseure, Schauspieler, Theater und andere Superlative der Spielzeit!