Im fremden Wasser schwimmen

Sebastian Nübling über seine Inszenierung von «Three Kingdoms», eine Kooperation zwischen den Münchner Kammerspielen, dem Londoner Lyric Hammersmith und dem NO99 in Tallinn, und über seine langjährige Zusammenarbeit mit Simon Stephens

Theater heute - Logo

Jacqueline Bolton Was für eine Herausforderung war es, mit Schauspielern aus unterschiedlichen Theaterkulturen zu arbeiten?

Sebastian Nübling Zum ersten: die Sprache. Wir haben auf Englisch probiert; für mich und für drei oder vier der Schauspieler eine Sprache, die wir durch Popmusik, Filme, Fernsehserien und, vor vielen Jahren, in der Schule gelernt haben.

Da wir in den Proben unsere Einstellungen und Interpretationen von Kunst, Politik und Ökonomie ebenso diskutiert haben wie die ziemlich komplexen Psychen und Beziehungen der Fi­guren, war die Sprache eine ständige Quelle von Missverständnissen. Manchmal waren die Missverständnisse lustig oder produktiv, manchmal waren sie nur langweilig oder sorgten sogar für Kränkungen. Auf der anderen Seite war das viele Sprechen in einer anderen als meiner Muttersprache auch etwas sehr Gutes und Befriedigendes für mich; es gab mir die Möglichkeit, mich selbst und meine Kultur mit den Augen der anderen zu betrachten.

Die zweite Herausforderung bestand in der Unterschiedlichkeit der Theatertraditionen. Ich war darauf vorbereitet: Im englischen Theater spielen der Text und der Autor die Hauptrolle, und viele britische Regisseure (vielleicht ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Jahrbuch 2012
Rubrik: Die Stücke des Jahres, Seite 74
von Jacqueline Bolton

Weitere Beiträge
Schreibblockade und Schafott

Vor fast hundert Jahren – und damit lange vor Artaud – hatte der russische Theateravantgardist Nikolai Jewreinow das Theater mit dem Schafott verglichen. Er träumte von einer Theatralisierung des Lebens und sah in Napoleon den größten Regisseur aller Zeiten. In seinem Kabarett «Der Zerrspiegel» bereitete er dem damaligen Theater sym­bolisch das Schafott, indem er...

Frequenzen im Extrembereich

Gottesanbeterinnen (lat. Mantodea), auch Fangschrecken genannt, sind ganz erstaunliche Tiere. Sie verfügen über die Gabe, langanhaltend reglos in jener aus Men­schensicht betend wirkenden Haltung auszuharren, um dann im entscheidenden Augenblick mit einem präzisen Fangapparat Insekten aus der Luft zu fangen. Sie sind äußerst gut getarnt und dadurch leicht etwa mit...

Die Stücke des Jahres

Unterschiedlicher könnten die Stücke des Jahres nicht sein: Im deutschen Sprachraum siegt Peter Handkes Geschichtssprachraumdrama «Immer noch Sturm» vor René Polleschs Individualiätsgruppenturnübung «Kill your Darlings!». Das ausländische Stück des Jahres ist Simon Stephens’ internationales Krimipuzzle «Three Kingdoms». Texte, Reden und Gesprächsbeiträge von Thomas...