Klagenfurt: Zirkus Handke
Das nennt man vorausblickende Spielplangestaltung: Just an jenem 10. Oktober, an dem die Akademie in Stockholm bekannt gab, dass der Literaturnobelpreis 2019 an Peter Handke geht, hatte in Klagenfurt dessen Drama «Die Stunde da wir nichts voneinander wussten» Premiere. Das stumme Stück besteht aus unzähligen Mikrodramen – oder eher Nanodramen – und ist ein «Schauspiel» im wahrsten Sinn des Wortes: Wir beobachten Passanten, die einen stark frequentierten Platz bevölkern.
Ort des Geschehens ist ein «freier Platz im hellen Licht».
Claus Peymann und Karl-Ernst Herrmann haben das in der Wiener Uraufführung 1992 als italienische Piazza interpretiert, bei Luc Bondy und Gilles Aillaud (Schaubühne 1994) war’s ein orientalischer Dorfplatz. In der Klagenfurter Fassung von Robert Schuster (Regie) und Sascha Gross (Bühnenbild) ist der Schauplatz nun einfach eine leere Bühne; links und rechts markieren schwarze Holzwände die Gassen für die Auftritte, der Himmel ist eine Plastikfolie; nur ein Knäuel aus Straßenbeleuchtungskörpern deutet an, dass die Szene in einer Stadt verortet ist. Die zwölf Darstellerinnen und Darsteller – genau so viele, wie Handke vorschreibt – stammen aus der von ...
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Theater heute Januar 2020
Rubrik: Chronik, Seite 59
von Wolfgang Kralicek
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