Gemeinsam für eine Sache
Der Humor darf nicht verloren gehen. Gerade wenn alles beklemmend wirkt. Wie in der Box des Deutschen Theaters Berlin an einem Freitag im März dieses Jahres. Man spielt «Zu der Zeit der Königinmutter» von Fiston Mwanza Mujila, ein nebulöses, flächiges Stück, das mit postkolonialistischer Grundierung von einer fiktiven «New Jersey Bar» erzählt und von den Abgehängten, die hier gestrandet sind. Schwüle drückt auf den kleinen Theaterraum, er ist kaum halb gefüllt.
Aus Sorge vor dem Corona-Virus sind die meisten Zuschauer zuhause geblieben; keine sieben Tage später wird der Spielbetrieb deutschlandweit eingestellt.
Franziska Machens liegt weite Strecken des Stücks über wie eine Porzellanpuppe auf einem Kissen. Aber irgendwann erhebt sie sich und gibt kurz einen dieser raunenden Monologe in zugleich verletzlichem wie leicht distanzierendem Ton: «Was will die Welt mit uns?» Der Text läuft auf die Beschreibung eines Mannes zu: «Der linke Arm war etwa drei Meter lang» – und plötzlich schüttelt Machens dazu ihren eigenen Arm, der länger und länger zu werden scheint. Es ist ein unvermuteter, herrlich skurriler Moment, als ob eine Ballerina in Trance aus sich herauswächst. Ein Auflachen im ...
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Theater heute Mai 2020
Rubrik: Theatertreffen Berlin, Seite 24
von Christian Rakow
Eine «Tanz-Rap-Oper» hatte die Hamburger Choreografin Jessica Nupen geplant. «The Nose» nach Gogols «Die Nase»: rund 40 Beteiligte, eine eigene Komposition des kanadischen HipHop-Querdenkers Socalled, aufgeführt in der riesigen Halle K6 im Hamburger Kulturzentrum Kampnagel. Eine Koproduktion von Kampnagel, Cape Town Opera und Staatstheater Wiesbaden, gefördert...
Eigentlich läuft das Theater gerade in Zeiten der Krise zur Höchstform auf. Als Ort subversiver Gemeinschaft und kollektiver Selbstvergewisserung, zum Mut fassen und Kraft schöpfen und um mitten in einer unübersichtlichen gesellschaftspolitischen Situation den Blick für besondere Standpunkte zu öffnen und die Gedanken zu schärfen. All das wäre auch jetzt besonders...
Die ersten Minuten passiert nichts. Ein buntes Bühnenbild, ein wallendes Laken an der Decke, es dominiert die Farbe Rosa. Eine Höhle? Im Innern des Schweinebauchs? Schließlich betreten fünf Performer die Bühne und beschreiben Menschen, die sie in den vorausgehenden Minuten offenbar im Publikum beobachtet haben. Bewegungen, Kleidungsstücke, Gespräche, Frisuren. Das...