Gemeinsam einsam
Die Jugendstilbühne der Münchner Kammerspiele liegt in tiefem Nebel. Von goldgelbem Licht durchglühte Trockeneisschwaden dampfen aus der Nebelmaschine. Auch der Nieselregen vom Theaterhimmel sowie die federleichten Felsbrocken und Grasbüschel, die fünf hemdsärmelige Arbeiter in diesem hochwandigen Museumsmagazin bereits ausgiebig von vorne nach hinten geräumt haben, sind offensichtlich künstlich.
Jetzt greift sich der durchtrainierte Schauspieler Franz Rogowski einen Styroporstein, als sei’s ein Baywatch-Rettungsbrett, und schmeißt sich wie ein übermütiger Delfin auf den nassen Boden, um wieder und wieder triumphal über die Diagonale zu glitschen. Dazu liefert sein Kompagnon Stefan Merki fantastische Trommelwirbel, die, zusammen mit eingespieltem Sphärenbrausen, dem sinnfreien Treiben auch akustisch hypnotische Dichte und Plastizität verleihen.
Leider ist diese rauschhafte Rutschszene ein ziemlich einsamer Höhepunkt in Philippe Quesnes erster Münchner Produktion «Caspar Western Friedrich». Und das, obwohl die Komponenten der Inszenierungsinstallation durchaus vielversprechend sind: Quesne übersetzt bildnerische Motive des romantischen Greifswalder Malers Caspar David Friedrich in ...
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Theater heute März 2016
Rubrik: Aufführungen, Seite 15
von Eva Behrendt
Bittersüße Melancholie und traumgleich verschobene Wahrnehmung – der Titel von Henriette Dushes bereits 2011 entstandener «Bühnenelegie» (ausgezeichnet mit dem Grabbe-Preis und dem Lenz-Preis für Dramatik) setzt zweifellos poetische Assoziationen frei. «Drei Spielerinnen» und einen «Männerchor von drei Stimmen» führt Dushe in diesem «dichten Birkenwald» zusammen,...
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