Gegen den Rest der Welt

Schiller «Die Jungfrau von Orleans»

Theater heute - Logo

Breitbeinig harrt sie in ihrem Kerker aus. Johanna, das Trotzkind, verbannt in die Strafecke der Geschichte. Ihr Blick durchbohrt die Leere, sie ritzt einen Strich in den Unterarm, eine blutrote Zählung, Tag um Tag. Ihr Schopf: asymmetrisch geschoren. Selbst wenn das ihre Häscher waren, die Frisur passt zu ihr, der jugendlich Unangepassten, der Unbeugsamen, für die in der Welt kein Frieden gut genug ist. Sie muss kämpfen, wird verglühen. Johanna gegen den Rest der Welt.

Friedrich Schillers «Jungfrau von Orleans» macht am Theater Freiburg eine erhebliche Metamorphose durch.

Regisseurin Felicitas Brucker rollt das stark eingestrichene Stück von seinem tragischen Ende her auf. Zu Beginn sitzt Lena Drieschners Johanna bereits in U-Haft. Im Hintergrund übt sich ein geistlicher Wärter in Demut und Diskretion, es ist der Musiker Malte Preuss, seine Gitarre wird die Gotteskriegerin aufpeitschen, sobald es zu diesem großen Flash­back kommt, der bei Schiller das Drama ist.

Es gibt einige Dinge, die diese Johanna buchstäblich ankotzen: Die feige Verwandtschaft, die sich am liebsten im Chor aus jedem Risiko heraus­hält. Der kreuzbrave Vater (Frank Albrecht), der «die schlechte Magd» als ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute März 2013
Rubrik: Chronik: Freiburg Theater, Seite 48
von Stephan Reuter

Weitere Beiträge
Keiner ist vor dem Verrecken gefeit

Am Schauspiel Köln hat es die schöne Helena in die Untiefen der TV-Unterhaltung verschlagen. Es läuft bein­harter Nachmittagstalk, Thema: «Ich Opfer». Der Zankapfel des Trojanischen Krieges – Helena war Paris ja mehr oder weniger freiwillig, aber definitiv ehebrechend nach Troja gefolgt, was ihren Gatten Menelaos zum Feldzug veranlasste – treibt die ortsansässigen...

Trauma und Ehre

«Minna von Barnhelm» ist gleichsam eine knappe (einen Tag währende) psychoanalytische Kur, die das sächsische Edelfräulein am widerstrebenden Major Tellheim praktiziert: Was hat es denn mit dessen Kriegs-Traumatisierungen wirklich auf sich, wie sehr ist er «verkrüppelt», ein «Bett­ler», «unglücklich», und ist es denn wahr, dass «ein Unglücklicher gar nichts lieben...

Theatertreffen 2013

Sieben tapfere Kritikerlein haben wieder einmal Wind und Wetter, der Bundesbahn
und manchem Stau getrotzt, um pünktlich für das 50. Theatertreffen (Jubiläum – Traraa, Traraaaa!) die zehn bemerkenswertesten Inszenierungen des Bemessungszeitraums (Februar 2012 bis Januar ’13) zu küren. Die zehn Unwiderstehlichen, in alphabetischer Reihenfolge:

«Disabled Theater» von...