Dortmund: Gemischtwarenladen der letzten Dinge
Verschwenderisch zischt die Ursuppe aus der Nebelmaschine, unheilvoll dröhnen die Bässe, tuten die Hörner. In archaisches Theaterdampfen ist die Bühne gehüllt, der Anbeginn der Welt, der Nebel des Unwissens, aus dessen Untiefen auf der Drehbühne langsam Gestalten anfahren, erst eine, dann zwei, dann mehr. Sie tragen weiße Kleidchen und kahle Köpfe, wie gleichgeschaltete Sektenmitglieder tanzen sie mit ausgestreckten Armen um eine Orgel, die langsam von der Decke schwebt: eine Götzenanbetung der Kunst, die nun einmal wie Gott nicht für jeden erreichbar ist.
Und dann durchkreuzt ein schwarzgefederter Oberguru die Feierlichkeit, als er mit großer Machogeste endlich schafft, das Instrument zu spielen. Womöglich stellt sich Regisseur Arnarsson hier selbstironisch selber dar: der Künstler als autoritärer Behauptungsgott. Großkünstlerambitionen kann man dem designierten Schauspieldirektor der Berliner Volksbühne gewiss nicht absprechen.
Gefühlte zwanzig Minuten dauert die still-bombastische Schöpfungserzählung, bevor die Textmischung beginnt: Nach und nach werden einzelne Schauspieler an die Rampe gedreht und geben Kostproben dessen, was sich aus der Biografiearbeit mit rund hundert ...
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Theater heute August/September 2019
Rubrik: Chronik, Seite 56
von Dorothea Marcus
Die Londoner Theaterlandschaft, einst quasi monolithisch-exklusiv in der Hand weißer Intendanten-Männer, ist seit einiger Zeit im Umbruch. Und die Veränderung nimmt gerade ordentlich Fahrt auf. Natürlich gab es in diesem ausgesprochen unausgesprochenen Testosteron-Territorium auch immer mal wieder Ausnahmefrauen. Aber in einer Hauptstadt, in der 270 Nationen...
Wen schert das schon ich kann das nicht mehr hören dieses Geraunze satzloses Murmeln Syntax dahin ADE!» Es dauert nicht lange, da beschwert sich Agata schon über den Text, den die Autorin Eleonore Khuen-Belasi für sie und ihre Mitstreiterinnen geschrieben hat. Agata, Aurelia und Teresa sind, tja, Figuren wäre schon übertrieben, vielleicht drei Gewächse Marke Golden...
Zuletzt schieden sich noch einmal die Geister, und dem scheidenden Intendanten widerfuhr die unverhoffte Ehre, von einem erregten Junggroßkritiker einer westdeutschen Tageszeitung abgekanzelt zu werden wie ein Schuldirektor, der seine Aufsichtspflicht verletzt hat. Der Grund: Martin Kušej hatte für die letzte Inszenierung seiner achtjährigen Intendanz am Münchner...