Die Sitzenbleiber
Nichts. Nichts geschieht im Klassenzimmer der Sitzengebliebenen. Leichtes Gegrummel, etwas Gestöhne, minimale Bewegungen. Tröpfchenweise werden die Bedeutungspartikel an das Publikum verabreicht. Aber dann kommt doch einiges zusammen. Das Nichtstun führt zu Kapriolen. Plötzlich tönt aus allen Kehlen der Weltverzichtschoral «Weg mit allen Schätzen» (neu gesetzt von Steven Sprengels). Sandra Hüller röhrt die Girlie-Hymne «Girls just wonna have fun» mit beängstigender Lautstärke. Da sind wir dann in den 1980ern.
Aber immer noch weit weg von der Vorlage, von Luis Buñuels Film «Der Würgeengel» von 1962.
Johan Simons’ Theaterversion, eine Koproduktion von Schauspielhaus Bochum und Schauspiel Leipzig, übernimmt die Grundsituation des Films, eine Partygesellschaft kann ohne äußere Hindernisse den Raum nicht verlassen. Schon viele Theaterregisseure haben gesehen, dass dies eine genuine Theatersituation ist. Man kann nicht von der Bühne herunter, aber die Wände sind nur imaginär. Wenn man nur wollte, könnte man, aber man kann nicht wollen. Simons zersplittert Buñuels Dialoge und lässt dazwischen immer wieder Leerstellen. Die zwischengeschalteten Popsongs und protestantischen Kirchenlieder ...
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Theater heute Mai 2023
Rubrik: Aufführungen, Seite 22
von Gerhard Preußer
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