Die Mitbürger
ich halte es für die pflicht eines rechtschaffenen bürgers, das heil des staates dem beifall der zuhörer vorzuziehen.
Demosthenes
wenn nicht mit rap – dann mit der pumpgun.
K.I.Z.
bürger potsdams, wacht auf! wir gehen einen guten weg.
Martin Kwaschik, 4. November 1989 Luisenplatz / Platz der Nationen
natürlich hab ich keine hoffnung. ich bin ja nicht bescheuert.
Sibylle Berg
wir wollen sein ein einig volk von brüdern, in keiner not uns waschen und gefahr!
tick, trick & track - dr. erika fuchs
die wahrheit ist, dass ich niemals herr meiner handlungen war, sondern immer nur auf gelegenheiten reagiert habe.
Napoleon
vorbemerkung zu den figuren
die bürgerinitiative «die mitbürger» ist ein zusammenschluss unterschiedlichster menschen. sie haben jeweils eigene beweggründe, teil der initiative zu sein. unterscheiden sich in ihrem blick auf die welt teilweise massiv (das wissen sie zu beginn des abends aber noch nicht), haben aber alle das gefühl, dieselben anliegen zu haben: «freiheit» «gleichheit« «wohlstand für alle« «familie« «eine ‹gesunde› welt für kinder und kindeskinder« «werte wahren und auf ihrer grundlage die zukunft gestalten« «...« «die mitbürger» sind habituell (also nicht ...
ANNALENA und KONSTANTIN KÜSPERT entwickeln, recherchieren und schreiben seit ihrem ersten, bis heute vielfach nachgespielten Stück «Der Reichsbürger» (2018) gemeinsam Theaterstücke. «Die Mitbürger» ist ihr fünftes gemeinsames Stück. Annalena Küspert studierte deutsche und englische Literaturwissenschaft, arbeitete nach ihrem Examen als Dramaturgin am Jungen Nationaltheater Mannheim und seit 2017 als Autorin insbesondere fürs Kinder- und Jugendtheater. Konstantin Küspert studierte nach dem Studium der Germanistik, Politik und Philosophie Szenisches Schreiben an der UdK Berlin. Als Schauspieldramaturg am Badischen Staatstheater Karlsruhe und am Schauspiel Frankfurt hat er u.a. gemeinsam mit dem Regisseur Jan-Christoph Gockel Stücke zu gesellschaftspolitischen Themen wie NSU und moderner Sklaverei entwickelt.
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Theater heute Juni 2023
Rubrik: Das Stück, Seite 100
von Annalena Küspert, Konstantin Küspert
Man blickt in das Innere eines schwarzen Müllsacks. Dichte, durchhängende Planen kleiden den Bühnenraum des Gorki aus. Im Sack liegen zwei stilisierte Scheißhaufen, die aussehen, als stammten sie aus einem 3D-Drucker. Fünf androgyne Wesen stolpern etwas unbeholfen hinein. Sie tragen weiß, schwarz, lila, kantige Schulterpolster. In ihren Raumfahrt-Anzügen sehen sie...
Aus diesem Grab, das ihr Leben ist, kommt Marie nicht mehr heraus. Anfangs lässt sie den Grubensand noch sanft durch die Finger rieseln. Dann versucht sie, sich an den Wänden hochzuziehen, immer wieder, doch der Staub hat sie glatt und unüberwindlich gemacht. Nur Woyzeck schafft es aus dem Erdloch (Bühne Julia Nussbaumer) zum klinisch weißen Haus hinauf, neonkalt...
Minutenlang liegen die Soldaten auf dem mit Steinen übersäten Hügel und stöhnen. Erst leise, dann immer lauter, intensiver. Sie sind irgendwo zwischen tot und lebendig. Dann kommen die Frauen, die Regisseurin Sahar Rahimi «die Insta-Girls» nennt. In pastellfarbenen Leggings und Bustiers, langhaarig, gestylt, clean, sauber, lächelnd. Sie beugen sich über die...