Die kulturelle Wunderwaffe
Der «bedeutendste Theatermann der Schweiz», als den Thomas Blubacher den langjährigen Zürcher Theaterdirektor Oskar Wälterlin in seiner Biografie beschreibt, ist Wälterlin weder zu seinen Lebzeiten noch vor 50 Jahren gewesen, als ihm das in so manchem Nachruf attestiert wurde; allenfalls war er, wie ihn Rolf Liebermann aus Opernintendantensicht titulierte, «die kulturelle Wunderwaffe der alemannischen Schweiz».
In seinen Anfängen versuchte sich der Basler Doktor der Philosophie als Schauspieler am Stadttheater seiner Heimatstadt, interessierte sich aber zunehmend für Regie und besonders für die szenischen Musiktheaterkonzepte Adolphe Appias. Seine mit Appia erarbeiteten Wagnerinszenierungen fanden zwar den Beifall einiger kompetenter Gefolgsleute, wurden vom Basler Publikum aber abgelehnt und ausgebuht. Dem Regisseur warfen die Behörden vor, das Theater in eine defizitäre Lage gebracht zu haben. Appia immerhin bedankte sich bei seinem «Schüler» Wälterlin: «Sie allein, der Großmütige, haben mich verstanden und haben das Unmögliche getan, um mich zu verwirklichen.»
Kündigungsgrund: schwul
Trotz der Anfeindungen bekundete die Theaterkommission 1925 Vertrauen «in die gesunde Vernunft ...
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Theater heute Oktober 2011
Rubrik: Magazin, Seite 62
von Klaus Völker
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Wieder ein Abschied – diesmal für immer. Bei der Premiere von Dieter Dorns jüngster Inszenierung spielte sie noch mit – als Kunigundens alte Tante in Kleists «Käthchen von Heilbronn». Als sich das legendäre Dorn-Ensemble dann Ende der Spielzeit ein letztes Mal auf der Bühne des Bayerischen Staatsschauspiels versammelte, um sich darauf in alle Winde zerstreuen, war...
