Das Gießkannenprinzip
Eine Bugwelle postpandemischer Theatervorhaben flutet seit Monaten die Sitzungen der Fördergremien des Freien Theaters in Deutschland. Die gute Nachricht lautet: Die performativen Künste haben die Coronakrise überlebt. Klug gestrickte Hilfsprogramme des Bundes und der Länder haben viele Theaterschaffende unterstützt, die nicht durch stabile Strukturen in Stadt- und Staatstheatern getragen wurden. Das Vergabeverfahren nach dem Gießkannenprinzip wirkt großzügig. Doch es großzügig zu nennen, offenbart den gönnerhaften Zug des gesamten Systems.
Im Freien Theater hatte das Virus eine kuriose Nebenwirkung: Es hat kurzfristig Geld in das prekäre Fördersystem gepumpt. Plötzlich bekam die Szene, was sie sich immer gewünscht hatte: Zeit und Geld, um Projek -te mal gründlich vorzubereiten und ungezwungen nachzudenken über sich, das Theater und den Rest der Welt. All dies floss schließlich in jene Welle erstklassiger Projektanträge, die sich nun landauf, landab an den Förderinstrumenten bricht. Welches dieser Theatervorhaben im Jahr 1 nach Corona tatsächlich über eine Bühne vor ein Publikum schwappen wird, ist noch nicht überall entschieden. Sicher ist jetzt aber schon, dass ein Großteil ...
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Theater heute Jahrbuch 2023
Rubrik: Knappheit - alles auf Kante, Seite 25
von Jens Roselt
Wir fliegen nicht oder kaum mehr. Kurator:innen als Jetsets der Kunstszene haben ausgedient. Wir optimieren unsere Reisen, halten Besprechungen meist per Zoom ab und achten auf unsere persönliche CO2-Bilanz. Der ICE, der TGV oder der Girundo sind zu unseren ruhigsten Büroräumen geworden. Der Speisewagen serviert inzwischen auch vegane Kost. Mein Lieblingsessen:...
Begleitet wird er von Aron, einem jungen Mann, den die Universität ihm zur Seite stellt, und Geistern der Vergangenheit. Durch sie werden Oberflächen der Gegenwart durchlässig, entstehen Verbindungen zu tiefer liegenden kol -lektiven Erfahrungen und Gefühlen. Der vielstimmige Monolog verbindet deutsche Historie, Familiengeschichte und Alltagserlebnisse. Und er...
In ihrem berühmten Essay «Anmerkungen zu Camp» schreibt Susan Sontag 1964, dass die wesentlichen Merkmale von «Camp» die Liebe zur Künstlichkeit, zum Artifiziellen und zur Übertreibung sind. «Camp» ist für Susan Sontag das Gefühl für eine bestimmte Ästhetik, etwas, das mit «kitschig» oder «affektiert» nur unzureichend zu übersetzen ist. Für Sontag ist «Camp» der...