Chronik eines unangekündigten Todes
In knapp viereinhalb Minuten ist eine harmlose Freizeitaktivität in etwas Unbegreifliches umgeschlagen, und, so viel sei hier verraten, auch in den restlichen 78 Minuten wird der Zuschauer nichts Weiteres über die Beweggründe dieser seltsamen Tat erfahren.Wüsste man es nicht, man würde gewiss nicht vermuten, dass dieser still forschende, beinahe dokumentarisch anmutende Film vom Autor hochartifizieller Sprach-Spiele wie «Dunkel lockende Welt» oder des bei der diesjähri-gen Ruhrtriennale uraufgeführten, perfid-pädophilen Singspiels «Furcht und Zittern» ist (s. S. 32f.
in diesem Heft).
Eine wahre Geschichte
Und doch lauert auch hier ein typisch Händlscher Abgrund, ein wucherndes Geheimnis, das sich wie ein Rhizom durch das ganz normale Leben in einem Tiroler Dorf frisst. Für sein erstes abendfüllendes Filmprojekt, für das er als Drehbuchautor, Regisseur und Produzent in Personalunion einsteht, hat sich Händl gleich einen Höchstschwierigkeitsgrad vorgenommen: Erzählt wird eine wahre Geschichte, die in ihrem Kern keiner kennt und die sich vor 15 Jahren in einem Dorf in Südtirol zugetragen hat. Es gibt keinen Abschiedsbrief, keine erkennbaren Probleme oder Konflikte, die ein Motiv ...
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