Christian Rakow: Mit dem Teufel im Schlepptau
In einem halbseidenen Tallinner Nachtclub kommt Estland also ganz zu sich: Alkohol schwängert die Luft und Koks penetriert die Hirne. Beats brummen. Ein Este kracht dem britischen Inspektor Ignatius Stone vor die Stirn: «Die Pest hat uns gefickt. Die Hungersnot hat uns gefickt. Die Schweden haben uns gefickt. Die Deutschen haben uns gefickt. Die Russen haben uns gefickt.» Kantige Sätze für ein kantiges Land.
Es ist der neue Simon Stephens, der uns auf diese Reise in den hohen Norden schickt: «Three Kingdoms», ein Drei-Länder-Krimi, der in seiner Machart richtungsweisend werden könnte.
Denn derart inhaltlich verzahnt sind internationale Koproduktionen – zumindest auf Stadttheaterebene – bislang noch nicht gewesen. Stück und Inszenierung sitzen auf einem Getriebe. Stephens hat für seinen Uraufführungsregisseur Sebastian Nübling einen dunklen Halbwelttrip entlang der Küstenlinie von London über Hamburg bis ins estnische Tallinn entworfen. Eine junge russischsprachige Prostituierte ist in der Themse-Metropole bestialisch ermordet worden – in einen Schraubstock eingespannt und mit einer Säge enthauptet –, als Racheakt von Zuhältern, die die Frau anzeigen wollte. Jetzt reist der Polizist ...
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Theater heute Februar 2012
Rubrik: Reportage, Seite 24
von Christian Rakow
Franz Wille Das Thalia Theater hat gewagt, was sich noch kein anderes Theater getraut hat – es hat das Publikum eingeladen, über den nächsten Spielplan abzustimmen: «Vier Inszenierungen im Großen Haus werden vom Publikum vorgeschlagen. Die drei meistgenannten Stücke werden aufgeführt. Versprochen.» Die Auswahl hat kurz vor Weihnachten stattgefunden, dem Theater...
Früher war mehr Lametta und sowieso alles besser. Auf solch seelenstreichelndes Geseufze mag sich zurückziehen, wer in der Gegenwart keinen Halt mehr findet und mit der Zukunft schon abgerechnet hat. Doch die Zeit bleibt nicht stehen – und auf einmal sind uns die in die Jahre gekommenen Rückwärtsgewandten verwandter, als wir wahrhaben wollen: Sie faseln längst...
Biljana Srbljanovics «Das Leben ist kein Fahrrad», abgedruckt im Januar-Heft, wurde von Mirjana und Klaus Wittmann aus dem Serbischen übersetzt.
