Bremen: Menschen im Nest

Akin Sipal «Ein Haus in der Nähe einer Airbase», Petras nach Goethe «Wahlverwandtschaften»

Theater heute - Logo

Die Tochter ist nicht glücklich mit ihrer neuen Heimat: Die Eltern, Deutschtürken der zweiten Generation, sind mit ihr wie jedes Jahr in den Ferien nach Adana in die Südtürkei gefahren, ins Eigenheim «in der Nähe einer Airbase», um ihr am letzten Urlaubstag zu eröffnen, dass es nicht zurück nach Deutschland gehen wird. Die Mutter macht eine Physiotherapiepraxis auf, der Vater will Solarpanele verkaufen, in Zeiten des Klimawandels ein vorgeblich sicheres Geschäftsmodell.

Fortan sumpft die Kleinfamilie in der Gated Community nahe des Luftwaffenstützpunkts Incirlik zwischen gelifteten Soldatenfrauen. Die Tochter nähert sich einem Piloten an, ununterbrochen werfen amerikanische Frachtflugzeuge Schatten auf die Siedlung, und an einer Bushaltestelle explodiert eine Bombe.

Akin Sipals «Ein Haus in der Nähe einer Airbase» basiert auf seinem zwei Jahre alten Filmessay «Baba Evi». Der Autor verknüpft hier das Mo­tiv des Hauses mit der Konstruktion Familie, das gemeinsame Heim als steingewordenes Mahn­mal einer brüchigen Solidargemeinschaft in Zeiten der Migrationsgesellschaft. «Das Haus meiner Väter in Adana ist ein generationenübergreifendes Friedensangebot», heißt es im Film. Im ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute April 2018
Rubrik: Chronik, Seite 54
von Falk Schreiber

Weitere Beiträge
Ferdinand Schmalz: jedermann (stirbt)

wir begreifen die ruinen nicht eher,
als bis wir selbst ruinen sind.

heinrich heine

gelobt seist du niemand
paul celan





das stück spielt in keinem garten nahe wien, der von keinem zaun umgeben,
in dem keine exotischen gewächse sich ranken.
zwischen keinen blüten, die keine verführerischen düfte verbreiten
und keinen früchten, die nur der zierde dienen.
in keinem...

Wilfried Minks (1930–2018)

Der Start von Wilfried Minks’ Theaterlaufbahn lag im sprichwörtlichen Kleinstrollendorado, in Wurzen (Sachsen). Dort wurde der 1930 im 200-Seelen-Dorf Binai in Tschechien geborene und nach dem Krieg mit seiner Familie vertriebene Bauernsohn mit 17 Jahren «Stift», also Lehrling des Theatermalers am örtlichen Boulevardtheater: ein Saal mit 350 Plätzen und Premieren...

Düsseldorf: Anpassung an Yuppieland

Die Frage, ob Shylock gut oder böse ist, ist erledigt. Shakespeares «Kaufmann von Venedig» kann im deutschen Theater nur ein Stück über Antisemitismus sein, kein antisemitisches Stück. Also kann Shylock heute nur beides sein: gut und böse. So will es auch Roger Vontobels Düsseldorfer Inszenierung. Mehrdeutig will sie sein, eine «Gesellschaftsüberprüfung», so...