Archaeopteryxe im Gleitflug
Amit Jacobi
Wut, Schmerz und Gewalt
O you hochgeehrte beings der kontinentalen Intelligenz! Als Repräsentanten des sogenannten Körpers der sogenannten Nationaldichterin möchten wir uns erstmal bedanken! Thank you! Thank you für die Ehre, für die Anerkennung und ja, thank you für das Gold – we come in peace! Peace … Im Gegensatz zu dieser schönen Stunde der Festlichkeit befassen sich Sivans Texte mit Unmengen Wut, Schmerz und Gewalt. Frieden kommt in Sivans Arbeit nicht öfter vor: weder als politisches Phäno -men noch als psychologischer Zustand.
Sivan, die genaueste Analytikerin, die sich nicht scheut, in die Wunden und in die Unstimmigkeiten einen Kopfsprung zu machen, und nicht aufhört, bis sie gänzlich desinfiziert oder wenigstens wie eine Jagdbeute zur Schau gestellt wurden. Es geht um literarische, aber auch um reale Leichen, und die Perspektive ist immer mutig, immer herausfordernd.
Eine kompromisslose Dringlichkeit leuchtet für mich immer durch Sivans Texte, macht sie so großartig und Gleichgültigkeit unmöglich. Mit unerschöpflicher Kraft und Inspiration suchen sie und der Text nach neuen Wegen, unsere Geschichten zu erzählen. Die ausschließende singuläre Geschichte zu ...
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Theater heute Jahrbuch 2023
Rubrik: Höhepunkte der Spielzeit, Seite 97
von Amit Jacobi, Christopher-Fares Köhler, Ariel Nil Levy, Mehdi Moradpour, Ruth Feindel, Tobias Herzberg, Niko Eleftheriadis, Marie Bues, Mazlum Nergiz und Martina Grohmann
In ihrem berühmten Essay «Anmerkungen zu Camp» schreibt Susan Sontag 1964, dass die wesentlichen Merkmale von «Camp» die Liebe zur Künstlichkeit, zum Artifiziellen und zur Übertreibung sind. «Camp» ist für Susan Sontag das Gefühl für eine bestimmte Ästhetik, etwas, das mit «kitschig» oder «affektiert» nur unzureichend zu übersetzen ist. Für Sontag ist «Camp» der...
Es geht um viele erste Male in Leonie Lorena Wyss’ Stück «Blaupause»: die erste Menstruation. Die erste Zigarette. Die erste Masturbation. Das erste Mal in einem Film sehen, wie sich zwei Frauen küssen, und das erste Mal die Farbe Blau entdecken. Und fast ganz am Ende, da geht es darum, das erste Mal laut einen Satz auszusprechen: «Ich habe eine Freundin.» Bis zu...
2023 werden voreilig «postpandemische Zeiten» ausgerufen, und daher erscheint Marcus Peter Teschs neues Stück genau zur richtigen Zeit. Während alle Welt sich noch mit künftigen Pandemien in Folge des Corona-Virus beschäftigt und sich im Glauben wiegt, für kommende Pandemien besser gewappnet zu sein, lenkt Tesch den Blick auf eine andere Pandemie. Seit 1983 ist...