6549 Biere
Wenn einer in die Eckkneipe wankt und lauthals «Ich bin nicht Hamlet!» nölt, dann wird es sich der Wirt zweimal überlegen, ob er ihm noch einen Schnaps gibt oder nicht. In der «Wartburg» in Jena aber schiebt Rolfe hinter der Theke gleich das Bier hin, und die Stammgäste warten nur darauf, dass der Monolog nun anhebt. Ob der von Heiner Müller ist oder sonstwem, egal: Hauptsache, hier wird rezitiert, und es kommt ein bisschen Stimmung in den tristen, ewig öden Kneipen-Nachmittag.
Der blinde (!) Schauspieler – einst engagiert in Halle, Gera oder war es doch in Meiningen, dann in den Orchestergraben gestürzt, seitdem engagementslos – tut es stoisch, sein Publikum dankt es ihm mit einem satten «Prost». Aber dass die Welt aus den Fugen ist, das muss man ihnen nicht auch noch eigens vordeklamieren – deshalb hockt man doch schließlich hier.
Vielleicht war das ja wirklich so in der «Wartburg», einer legendären Wirtschaft mit proletarischem Unterbau in Jena, die Sozialismus, Kapitalismus und den Ausverkauf der Werte relativ unbeschadet überstanden hatte, weil sie so eine Art Zeitkapsel war, in die nichts wirklich und wirksam eindringen konnte. Bis ihr vor kurzem ein neues Restaurant-Konzept ...
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Theater heute Februar 2021
Rubrik: Aufführungen, Seite 52
von Bernd Noack
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