Woyzeck aus Dagenham

Simon Stephens über das Unbehagen an Friedensmärschen, die Seitengassen, die zum Stück führen, die Beschädigungen, die vor der Gewalt liegen, und seine Fragen an eine chaotische Welt

Theater heute - Logo

Patricia Benecke In «Motortown» geht es um einen Heimkehrer aus dem Irakkrieg. Um das, was der Krieg mit ihm angestellt hat. Ist das ein Antikriegsstück?

Simon Stephens Es ist nicht so sehr meine Reaktion auf den Krieg im Irak, sondern auf die Antikriegskampagne. Die besten Stücke für mich sind generell die, die nicht selbstbewusst einen Standpunkt vertreten, sondern Fragen stellen. Meine besten Stücke sind die, die ich nicht geschrieben habe, weil ich was verstanden habe, sondern weil ich was nicht verstanden habe. Das ist auch bei «Motortown» so.

Ich hatte massive Vorbehalte gegenüber dem Irakkrieg – wie jeder mit ein bisschen Hirnmasse –, aber ich konnte nicht verstehen, warum mir der Friedensmarsch so suspekt war. Ich glaube, das hatte mit meinem Eindruck zu tun, dass die Antikriegsaktivisten nur auf der Suche nach schneller Absolution waren; dass man es sich zu leicht machte, seine Hände in Unschuld zu waschen bezüglich der Dinge, die im Irak passierten. Mich hat der Slogan «No War for Oil» erbost – man kann nicht einfach «No War for Oil» in Ölfarbe auf ein Plakat malen (lacht) und mit dem Auto ins Zentrum fahren und auf den Antikriegsmarsch gehen. Wir sind Teil dieses Kriegs. ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Januar 2007
Rubrik: Das Stück, Seite 44
von Patricia Benecke

Vergriffen
Weitere Beiträge
Frau als Beute

Spannungsarm lehnt der Gatte an der Küchenzeile. Die Frau hat sich in einen Wutanfall hineingesteigert, schreit «du elender Kerl» und streicht sich eine absichtsvoll drapierte Grauhaarsträhne aus dem Gesicht. Er wolle jetzt «keine kleinkarierte Rechnung aufmachen», erwidert der Gatte in stilechtem Vorabendseriendeutsch und sitzt die Sache erst mal aus. Man scheint...

Mit dem Ereignis auf du und du

Im Anfang war «Die Zeit». Was meint: Die Theaterfeuilletons des Benjamin Henrichs. Während der Lokalzeitungskritiker bei den Premieren des schwäbischen Stadttheaters damals, Anfang der Achtziger, dicht vor der Rampe lauerte und das Gesehene hinterher buchhalterisch mit Daumenrauf-Daumenrunter-Bemerkungen versah, war dort, im überregionalen Wochenblatt, einer, der –...

Traumpapa Lear

Happy Asia» war das diesjährige «Asia Contemporary Theatre Festival» in Schanghai überschrieben. Fragte man Nick Yu, den verschmitzten wie umtriebigen Festivaldirektor nach dem Motto, fiel die Antwort wellnessmäßig schlicht aus. Er fände, die Menschen seien zu gestresst, zu besorgt um ihr wirtschaftliches Fortkommen, ihren beruflichen Erfolg in der neuen Zeit....