«Wir haben doch Gruppe!»
Die Truppe, die da ihren Feierabend auf einem Kreativität simulierenden Tapeziertisch im Hamburger Thalia Theater abhockt, könnte direkt von einem Ayurveda-Kurs aus Berlin-Prenzlauer Berg weggecastet sein. Wie in einem Standbild eingefroren, schauen die Anzug-, Goldfummel- und Blumenkleidträger/innen erst mal minutenlang stumm ins Publikum.
Einzig die stehende Kopftuch-Seniorin – offenbar ein Opfer prekärer Schwarzarbeitsverhältnisse – muss sich unermüdlich an den Farbeimern zu schaffen machen und eine zwischen zwei Papierrollen gespannte Leinwand, die sich im Laufe der Aufführung langsam von links nach rechts bewegt, mit einer naiven Kindergarten-Sonne bepinseln.
Nach gefühlten zehn Minuten klingelt das Handy eines korpulenten Anzugträgers (Josef Ostendorf). «Nein, ich kann heute nicht», flüstert er schuldbewusst ins Gerät. «Wir haben doch Gruppe: Meditatives Schweigen.»
Der lange Weg zum neuen Menschen
Weil es sich bei dem Dutzend Klienten auf Katrin Bracks Bühne aber offenbar um besonders hartnäckige Fälle handelt und eine therapeutische Einzelmaßnahme bei weitem nicht reicht, rafft sich die Schweigegruppe in den folgenden zwei Stunden von Luk Percevals Gorki-Bearbeitung «Kinder ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin. Deshalb lässt Frank Wedekind seine Lulu durch die Weltstädte Wien, Paris und London wirbeln. Wobei es überall um zunehmend fatalere Variationen desselben geht: Sex, Liebe, Lust – oder die Idee davon. Lulu, dieser Inbegriff des Begehrens, erzählt wenig über Frauen und viel über Männerfantasien. Jeder der Herren,...
Fernsehen
Samstag, 1.
19.00, Theaterkanal: Theaterlandschaften:
Staatstheater Kassel – vorgestellt von Esther Schweins. Ein Film von Andreas Lehmann
19.30, Theaterkanal: Thomas Bockelmann im
Gespräch
Sonntag, 2.
17.00, arte: Unterwegs zwischen Ost und West – Der Schriftsteller Ingo Schulze – deutsche Dokumentation (2009) von Burghard Schlicht
Montag, 3.
18.00,...
Kaum einer bürstet derzeit das gute alte wellmade play so ausdauernd und radikal gegen den Strich wie der britische Dramatiker Dennis Kelly. Von vorne nach hinten erzählen – gut und schön, aber warum nicht mal von hinten nach vorn wie in «Liebe und Geld»? Dokumentarische Techniken einbauen durch Interviews und Recherche – sicher, ein Klassiker der modernen...