Wien: The Good, the Bad and the Hans
Sollte Ihnen der österreichische Politiker Hans Kudlich (1823–1917) kein Begriff sein, ist das keine Schande. Der Mann, nach dem in Wien noch zu Lebzeiten eine Gasse benannt wurde, ist auch in seiner Heimat in Vergessenheit geraten. Trotzdem hat Thomas Köck die historische Figur jetzt schon zum zweiten Mal zum Titelhelden eines Stücks gemacht. Kudlich war jüngster Abgeordneter des nach der Märzrevolution 1848 eingesetzten Reichstags in Wien und gilt als Bauernbefreier, weil er erfolgreich einen Antrag auf Aufhebung der Leibeigenschaft einbrachte.
Nach der Auflösung des Reichtags flüchtete er erst in die Schweiz, wo er ein Medizinstudium absolvierte, und dann in die USA, wo er bis an sein Lebensende als Arzt praktizierte.
Doch wie «Kudlich» (TH 1/17) ist auch «Kudlich in Amerika» kein Biopic. Im ersten Stück hatte Köck die Revolutionäre von 1848 mit den Wutbürgern und Rechtspopulisten von 2016 in einen Topf geworfen. Eine zentrale Rolle spielte der FPÖ-Politiker Norbert Hofer, der damals beinahe Bundespräsident geworden wäre; die Uraufführung von «Kudlich» im Schauspielhaus Wien fand wenige Tage vor der entscheidenden Stichwahl statt. Hofer verlor, dafür kam die FPÖ ein Jahr ...
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