Widersprüche aushalten
Wie frau es macht, ist es verkehrt: Die Kinder -lose ist kalt, herzlos und unweiblich, auch wenn sie sogar das Klima schont. Die Frau, die will, kann auf einmal nicht und begibt sich in die brutalen Zwänge der Kinderwunschindustrie. Die Mutter, die es zu Kindern gebracht hat, scheitert an der Karriere und ist sowieso an allem schuld, während die Übermutter ohne Arbeit verwöhnte Monster heranzüchtet. Kinder sind heutzu -tage permanent Fetisch und Störfaktor zugleich – und alle drumherum äußern ihre Meinung, spitzt Kathrin Röggla in «Kinderkriegen 4.
0» die gesellschaftliche Lage zu.
2012 war das Stück noch ein musicalartiges Auftragswerk am Münchener Residenztheater, in Dortmund ist nun die «Musik verloren gegangen, weil die familienpolitischen Umstände dagegen sprachen». So steht es in der Regieanweisung des Dreiakters, der weder Handlungs -bögen noch dramatische Zuspitzungen aufweist – sondern eher ein hyperaktives Auf-der-Stelletreten ist. «Kinderkriegen 4.0» ist zudem sicher kein Stück übers Kinderkriegen, sondern eher eine Beschreibung von Druck und Erwartungen an Elternschaft, die sich stets widersprechen und in den letzten zehn Jahren höchstens durch Diskurse wie «Regretting ...
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Theater heute Mai 2022
Rubrik: Chronik, Seite 58
von Dorothea Marcus
Die extreme Gewalt, von der Hakim Bah in «Auf dem Rasen» erzählt, bleibt sonderbar verhüllt in Sprache. Dabei steht alles wortwörtlich drin in dem mitunter schwer zu ertragenden Text: Soldaten eines Schurkenregimes schlagen Demonstrantinnen tot, vergewaltigen sie mit Gewehrläufen, lassen sie in Containern verwesen oder schmeißen sie ins Meer. Aber mit jeder...
Dann also doch. Am 34. Tag des Kriegs gegen die Ukraine hat Anna Netreb -ko von ihrem Hamburger Medienanwalt ein Statement veröffentlichen lassen, in dem sie immerhin den Krieg in der Ukraine als solchen benannt und verurteilt hat. Sie strebe mit ihrer Kunst «nur Frieden und Einigkeit an» und sei auch nicht mit «irgendeinem Führer Russlands verbunden». Nun ist...
Nach ihren zwei ersten Theaterstücken veröffentlichte Elfriede Jelinek im Jahr 1983 in der Zeitschrift «Theater heute» eine kernige Absage an das Theater heute, mit der sie rücksichtslos an dessen Grundfesten rüttelt. Ihr Text «Ich möchte seicht sein» erzeugte bei den Bühnen schnell eine gewisse Gereiztheit. Denn für die Betroffenen, Regisseure, Schauspieler,...