Wer schläft, sündigt nicht
Die Proben haben begonnen, und Nina Hoss und Susanne Wolff stehen für die erste Szene von «Öl» auf der Bühne. Wie aber der Schluss von Lukas Bärfuss’ neuem Stück aussieht, wissen wir nicht. Es ist noch nicht fertig. Was auf dem Theater ein ungewohntes, irritierendes Gefühl ist, kennen wir aus dem Leben nur allzu gut. Wir wissen selten, wohin etwas führt, wie es endet. Vielleicht haben wir deshalb die Eigenschaft, so viel Wissen wie möglich anzuhäufen.
Auch die Figuren in «Öl» wissen viel.
Sie wissen um den knapp gewordenen Rohstoff und seine Förderbedingungen, um Korruption und Gewalt, sie wissen um sich und ihre Neurosen, um ihre Lügen und Ängste. Sie wissen mehr, als ihnen lieb ist, mehr, als sie verkraften können. Sie tragen ihr Wissen vor sich her wie ein Schutzschild, beten es rauf und runter wie einen absurden Psalm. Ihre Texte wirken, als würden sie das Leben anderer beschreiben, als wäre das eigene längst entrückt und komplett unglaubwürdig. Das Wissen nützt ihnen nichts. Es verwirrt sie, statt etwas zu klären.
Lukas Bärfuss hat eine kleine Gruppe von Menschen, vier Westeuropäer und eine Einheimische, in ein «fremdes Land» versetzt. Herbert Kahmer, seine Ehefrau Eva ...
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Theater heute Jahrbuch 2009
Rubrik: Stücke der neuen Spielzeit, Seite 158
von Sonja Anders
Ich habe nie zu den Schauspielern gehört, die auf der Bühne weinen können. Schon auf der Schauspielschule hat uns diese Fähigkeit knallhart in zwei Klassen eingeteilt: in die schauspielerische Oberschicht, den Adel, wenn nicht sogar den hochtalentierten, heulenden Hochadel, die, denen echte Tränen übers Gesicht rinnen, und in die anderen: das Fußvolk, das...
Wie wäre es, könnte man an dieser Stelle nicht nur von Plänen erzählen, sondern wüsste schon, wie das Stück und seine Inszenierung würden? Wäre das wünschenswert? All die kühnen Ideen, Hoffnungen und Projekte blühen doch am buntesten in der Vorstellung. Es ist die Lust am Risiko und, allen Einwänden zum Trotz, der Wunsch, das Theater, die Kunst einmal mehr auf die...
In der Höhe» ist ein Gasthof oberhalb von Salzburg in der Nähe der Irrenanstalt, in dem ein Gerichtssaalreporter und Aushilfslehrer am Mozarteum, der eine vage Ähnlichkeit mit Thomas Bernhard besitzt, mit der Vorstellung des Selbstmords experimentiert. Er macht einen Retttungsversuch im Schreiben und notiert die Elemente, aus denen er zusammengesetzt ist: sein...