Wenn Hochhäuser Trauer tragen

Ivana Sokola «Kill Baby» (U) im Nationaltheater Mannheim

Theater heute - Logo

Dass Frauen in Theaterstücken unter sich bleiben, kommt derzeit häufiger vor. Im vorliegenden Fall leben eine Großmutter, Mutter und Tochter zusammen in einer Wohnung und verhandeln klassisches Dramenpotenzial. Die Tochter wurde, wie sie selbst sagt, von einer Minute zur anderen erwachsen: «Juhu / Mit 17. / Keinem Kuchen und keiner Kerze / Mit zwei blauen Strichen, mit Urin / und einem wachsenden Gast».

Kitti scheint das nicht unbedingt als Tragödie zu empfinden, und auch Großmutter Sugar reagiert cool und erinnert ihre Tochter, also Kittis Mutter, daran, dass auch sie gerade mal siebzehn war, als sie schwanger wurde. 

Es sieht so aus, als sei der einschlägige familiäre Hintergrund dafür verantwortlich, dass auch Mutter Viki nicht wirklich sauer ist und mit dazu beiträgt, dass «Kill Baby» ein eher leises Dialogstück ist. Ivana Sokola hat den Kleist-Förderpreis 2021 für einen Theatertext erhalten, in dem lyrische Töne vorherrschen. Die Blues-Sisters tragen Konflikte gedämpft aus, während einige Stockwerke weiter oben der künftige Vater des Fötus lebt und noch weiter oben das Hochhaus endet, von dessen Dach sich gut aus dem Leben springen ließe. Der mögliche Kindsvater kommt in ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Dezember 2021
Rubrik: Chronik, Seite 57
von Jürgen Berger

Weitere Beiträge
Hiebe gegen die Dekadenz

Jakob Hayner und Erik Zielke haben, ermuntert durch Dietmar Dath (den Autor, Fantasyfilm-Experten und Verfasser des unbekümmert spekulatives Denken bekundenden Romans «Die Abschaffung der Arten») und durch den Dramaturgen Bernd Stegemann, einen Reader mit Schriften des ungarischen Philosophen Georg Lukács aus den Bereichen Ästhetik, Realismus und Theatergeschichte...

Momente der Öffnung

Ein Zaubertrick zum Festivalauftakt: Performerin und Tänzerin Maija Karhunen liegt auf der Bühne zwischen kreisenden Lichtkegeln und fischt nach Objekten: Schal, Notizbuch, Feuerzeug – allesamt im Foyer vom eintrudelnden Besucher eingesammelt, der da schon ahnen konnte, in «Ajima» selbst noch eine Rolle zu spielen. Karhunen greift Gegenstände, findet die...

Präpariert Euch!

Ihr Anblick ist faszinierend – und gleichzeitig zutiefst befremdlich: Neben den diversen Fischarten, die oben rechts in die Bühnentiefe zu tauchen scheinen, verharren Schnecken- und Muschelarten dekorativ in der Mitte. Direkt neben den Robben haben sich die Schmetterlingsarten ordentlich aufgereiht, und aus der unteren Reihe des dreidimensionalen Bühnen-Setzkastens...