Foto aus dem Theater heute April ePaper

Von Würsten und Windhunden

Die deutschen Filme auf der 67. Berlinale stammten von Männern und handelten von Männern – nicht immer zu ihrem Vorteil.

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Er musste tatsächlich damit gerechnet haben. Sehr lässig schlenderte Georg Friedrich auf die Bühne zur Preisverleihung, auf dem Kopf die Schiebermütze, im Ohrläppchen den Knopf, um den Hals die Krawatte, baute sich hinter dem Sprechpult auf und pulte sich das Kaugummi aus den Zähnen, um es sorgfältig auf der Tatze des Silbernen Bären festzukleben, den er gerade als bester Darsteller der 67. Berlinale erhalten hatte.

Dann lehnte er sich vor und quetschte in breitem österreichischen Englisch ein Gedicht von Stephen Crane heraus, geboren 1871, gestorben 1900: In the desert / I saw a creature, naked, bestial, / Who, squatting upon the ground, / Held his heart in his hands / And ate of it. / I said, «Is it good, friend?» / «It is bitter-bitter», he answered; / «But I like it / Because it is bitter, / And because it is my heart.»

Bitter-bitter, so kann man auch den Ingenieur Michael finden, dessen Darstellung Friedrich den Silbernen Bären bescherte, zur nicht geringen Überraschung vieler Berlinale-Besucher. Denn in Thomas Arslans Film «Helle Nächte» bekommt dieser Michael nicht ein einziges Mal die Chance, sich so gegen jede Erwartung in Szene zu setzen wie sein Darsteller bei dieser ...

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Theater heute April 2017
Rubrik: Berlinale 2017, Seite 46
von Barbara Burckhardt

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