Sterben, schlafen, vielleicht träumen
Wenn man an einem frühlingshaften Freitagabend zu einer «Hamlet»-Premiere die breiten Stufen des Anhaltischen Theaters hinaufsteigt und dabei nur über ein Grüppchen von sieben Leuten stolpert, begreift man, dass Dessau zu den Shrinking Cities gehört. Trotz der Fusion 2007 mit der Nachbargemeinde Roßlau, trotz Bauhaustourismus, Pharma- und Fahrzeugtechnikindustrie, und ja, trotz eines Mehrspartenhauses, dem 2015 zwei Sparten gekürzt wurden, verliert Dessau-Roßlau alljährlich ein paar hundert seiner derzeit 79.000 Einwohne -r:innen.
Das imposante Theater wurde im Nationalsozialismus erbaut, von Goebbels und Hitler eröffnet, im Krieg zerstört (in Dessau standen die kriegsindustriell wichtigen Junckers-Werke) und bis 1949 wiederaufgebaut; 1950 bot es dem ersten politischen Schauprozess der DDR eine Bühne. Heute scheint es etliche Num -mern zu groß für die Stadt.
Der lange Tisch
Im unteren Foyer verlieren sich ein paar versprenkelte Premierengäste. Die Türen zum Parkett sind verschlossen, also hinauf in den Rang: Ah, hier hat sich das Publikum versteckt, draußen an Stehtischen oder drinnen im locker besetzten, sicher 450 Zuschauer:innen fassenden Rang mit Blick auf eine der größten ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Theater heute Mai 2022
Rubrik: Aufführungen, Seite 16
von Eva Behrendt
Bemerkenswerter Alltag
Karin Henkel inszeniert «Richard The Kid & The King», Deutsches Schauspielhaus Hamburg
Es gibt Inszenierungen, die laut darum betteln, zum Theatertreffen eingeladen zu werden. Meist sind das Abende an Metropolenhäusern, mit großem (und teurem) Bühnenbild, stark (und gerne mit Gästen) besetzt, mit einer Regiehandschrift, die einerseits...
Dann also doch. Am 34. Tag des Kriegs gegen die Ukraine hat Anna Netreb -ko von ihrem Hamburger Medienanwalt ein Statement veröffentlichen lassen, in dem sie immerhin den Krieg in der Ukraine als solchen benannt und verurteilt hat. Sie strebe mit ihrer Kunst «nur Frieden und Einigkeit an» und sei auch nicht mit «irgendeinem Führer Russlands verbunden». Nun ist...
Finanziell unabhängiger Bürgersohn, der einigen Wert auf sein Äußeres legt – gelbe Weste zum blauen Frack –, naturbegeistert und klassisch belesen, verliebt sich in verheiratete Frau und leidet so ausgiebig wie sehnsuchtsvoll, bis er sich umbringt. Goethes «Leiden des jungen Werther» lassen sich in einem Satz zusammenfassen, was den gefühlsbetrunkenen jungen Mann...