Spieglein an der Wand
Sie gleiten wie schlafwandelnde Eisläufer über die Bühne und passieren Spiegel, in denen sie wie flüchtige Erscheinungen auftauchen. Gelegentlich wandeln sie auch wie Pärchen, dann allerdings verschwindet plötzlich einer von ihnen hinter einem der Spiegel und wird scheinbar verschluckt. Da hat man den Eindruck, Mannheims Schauspielchef Burkhard C. Kosminski habe Shakespeares Gender-Illyrium beim Schopf gepackt und das Vexierspiel prekärer erotischer Identitäten als Spiegelkabinett des Scheiterns inszeniert.
Hier findet vorerst kein Deckelchen sein Töpfchen und das Spieglein an der Wand sagt lange nur: Kein Begehren hier im ganzen Land.
Dumm gelaufen. In Shakespeares Illyrien ist zwar viel Begehrlichkeit unterwegs, bei keinem der potenziell Liebenden reicht es aber zum bedingungslosen Begehren. Und so finden am Ende dann auch genau diejenigen zueinander, die bis dahin gar nicht wussten, dass sie überhaupt füreinander in Frage kommen. Das hat was Schales, als habe eine überforderte Dating-Agentur aus Gründen der Ökonomie mal schnell eins und eins zusammengezählt. Die schiffbrüchige Viola etwa, die im fremden Land als verkleideter Cupido unterwegs ist, bekommt den Herzog, für den sie ...
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Die, der, und, in, zu, den, das, nicht» … exakt einhundert deutsche Worte machen circa fünfzig Prozent unseres Alltagswortschatzes aus. In Lukas Bärfuss’ Schauspiel «Öl» übt Eva Kahmer, die ihrem von der
Ölsuche besessenen Mann in eine entlegene Region Europas gefolgt ist, diese sinnlos aneinandergereihten Wörter in verbissener Unnachgiebigkeit mit Gomua, ihrer...
Woyzeck in Weimar, ausgerechnet. Zwar nicht im repräsentativen Nationaltheater unmittelbar im Rücken der großen Bronze-Klassiker Goethe und Schiller, sondern fünf Minuten entfernt im E-Werk: einer dieser zahllosen malerischen Ziegelbauten aus der industriellen Moderne, die mittlerweile als Romantikhotels für die (darstellenden) Künste eine neue Bestimmung...