Siegellack Kafka

Stephen Sewell «Mythos, Propaganda und Katastrophe in Nazi-Deutschland und im heutigen Amerika»

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Kann man Äpfel mit Birnen vergleichen? Natürlich kann man. In beiden Fällen handelt es sich um Früchte, die aus Schale, Fruchtfleisch und einem Gehäuse bestehen. Wie aber steht es um Nazi-Deutschland und die Vereinigten Staaten von Amerika nach den Anschlägen des 11. September? Ist auch hier eine sinnvolle Vergleichsbasis, ein tertium comparationis gegeben? 

Talbot Finch meint: Durchaus. Talbot ist der Protagonist eines Dramas von Stephen Sewell, das den wunderbaren Titel trägt: «Mythos, Propaganda und Katastrophe in Nazi-Deutschland und im heutigen Amerika».

Talbot, ein in den USA lehrender Politologe australischer Herkunft, hat ein Buch geschrieben – «eine vergleichende Untersuchung» –, dessen Titel mit dem des Stücks identisch ist (ein nicht zu übersehender Fingerzeig) und dessen zentrale These etwa folgendermaßen lautet: Nach dem 11. September sind die USA unter George W. Bush im Begriff, sich in einen autoritären Staat zu verwandeln, der Andersdenkende einschüchtert und bedroht und dessen repressive Strukturen denen einer Diktatur im Stil des NS-Staats nicht unähnlich sind. 

Der australische Professor muss viel auf die Großzügigkeit und Duldsamkeit der amerikanischen ...

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Theater heute Juni 2005
Rubrik: Chronik, Seite 42
von Martin Krumbholz

Vergriffen
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