Serious Games
«Es war einmal ein Mädchen, das schuf sich seine eigene Welt hinter der Welt»: Markolf Naujoks’ Stück «Every Heart is Built Around a Memory» beginnt wie ein Märchen, wie die opulente Erzählung einer Realitätsflucht, und ist ein Abtauchen ins Digitale. Dort, wo man Kaiserin sein und über Wellen gehen kann, wo next levels und Laserschwerter regieren, ist das real life angenehm fern. Und Naujoks’ Stück beginnt auch mit dem Selbstmord eines Mädchens. Marie heißt sie, war Spiele-Entwicklerin und depressiv.
Ihre beiden Schwestern, Nina und Carla, suchen sie in dem von ihr entwickelten immersiven Computerspiel, das ebenfalls «Every Heart is Built Around a Memory» heißt. Verschiedene Aufgaben gilt es dort zu erfüllen, zahlreiche Erinnerungen zu rekonstruieren. Eine Questtyger muss besiegt, ein Geier ausgetrickst werden. Und doch, so wird sich später rausstellen, sind Nina und Carla letztlich nur virtuelle Stellvertreter.
Der Theatertext – 2019 für den Jugendpreis des Heidelberger Stückemarkts nominiert – ist ein Stück über Depression und Suizid, über das Spielen und Gamen und damit nicht über den Unterhaltungsaspekt oder das Suchtpotenzial von Videospielen, sondern über die darin ...
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Theater heute 6 2022
Rubrik: Chronik, Seite 56
von Katrin Ullmann
Beim Heidelberger Stückemarkt kann es passieren, dass ein Autor zum ersten Mal sein Werk gesprochen hört. Philipp Gärtner ist es so ergangen, und als er nach der 40-minütigen Lesung aus seinem Drama «Olm» zum Nachgespräch auf die Bühne kam, sagte er: «Ich glaube, ich bin da hart an der Grenze der Verständlichkeit, vielleicht sollte ich noch mal ausmisten …?»...
«Drogenabhängige sind die besten Schauspieler. Das sagen dir alle. Die spielen dir vor, was du willst», heißt es relativ am Anfang des Stücks. Und dann stehen da drei Schau -spieler:innen, Jenny Weichert, Gerd Zinck und Paul Trempnau, und spielen Drogenabhängige. Nein. Anders. Sie diskutieren darüber, distanzieren sich bewusst vom Spiel, streiten über Egoismus und...
«Jedenfalls, das Ende war ziemlich misslungen», stellt die Göttin Nummer eins fest. «Der Anfang ja auch», gibt ihre Kollegin, die Allmächtige Nummer zwei, zu bedenken. Und Nummer drei räumt freimütig ein, sich an den Anfang «gar nicht mehr erinnern» zu können. Daran, dass sich – kaum, dass die Erlauchten es mal wieder über sich gebracht haben, das erleuch -tete...