On the run
Die 60. Berlinale war ein Festival in einem tief verschneiten, eisglatten Berlin, und nicht einmal der omnipräsente, mopsfidele, genussfreudige und sehr selbstironische Chef Dieter Kosslick konnte verhindern, dass der Jubiläumsjahrgang in die Annalen eingehen wird als Festival der einsamen, schweigsamen, leider auch kriminellen Männer. Der deutsche Mann, so erzählten drei verblüffend parallel angelegte Filme im Wettbewerb, in der Perspektive Deutsches Kino und im Forum, spricht wenig und überfällt viel, Banken z.B. oder Geldtransporte. Dann ist er auf der Flucht.
Bewegung als Zweck: «Der Räuber»
Benjamin Heisenbergs Wettbewerbsfilm «Der Räuber» bringt das Thema von der ersten Einstellung an ins Bild: Der Räuber rennt. Im Kreis und auf der Stelle. Denn noch ist er im Knast, er läuft im Gefängnishof oder auf einem Laufband in der Zelle. Auch nach der Entlassung sehen wir Rettenberger, einen athletisch hageren Mann mit undurchdringlicher Miene (Andreas Lust), vor allem – laufen, laufen, laufen: durch Fußgängerzonen, Wälder, Felder.
Er überfällt Banken, einmal gleich zwei am selben Tag, hinter einer Maske, die seinem maskenhaften Gesicht zum Verwechseln ähnlich sieht. Er ...
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Normalerweise werden größere dramatische Figurenansammlungen entweder über diverse Handlungsstränge zusammengehalten oder in Durchgangsräumen organisiert. Gerne müssen Hotelhallen oder Bahnhöfe dafür dienen. Ulrike Syha hat sich jetzt etwas wirklich Neues ausgedacht: einen von Piraten entführten Öltanker, die Panama Star, irgendwo da draußen auf dem blauen Ozean....
«Alles, was eine große Wirkung getan hat, kann eigentlich nicht mehr beurteilt werden.» Das hat Goethe zu Kanzler von Müller gesagt. Ein Beispiel dafür ist, was «der Schlegel-Tieck» genannt wird. Generationen haben den Doppelnamen aus dem väterlichen Bücherschrank buchstabiert. Aber der große deutsche Shakespeare-Übersetzer hieß August Wilhelm Schlegel.
Schlegel...
Irgendwann läuft er dann immer wieder ins Bild. Vor Jahren war der Mann sehr nachhaltig aufgefallen: als grandioser Bühnen-Klon des Komikers Helge Schneider in dessen Bochumer Schauspielhaus-Arbeit. Neulich war der Mann zwar zunächst wieder Clown, als schriller Moskauer Fremdenführer und manches mehr in Burghart Klaußners Beatles-Revue «Marigold», dann aber gar...