Menschliche Unmenschen
Ein Trauerspiel. Da sitzen wir an einer langen, weiß gedeckten Tafel im Quadrat und gehören zur Familie, zur deutschen Familie, Kartoffeln landen auf den Tellern. Zelebriert wird die Beerdigung Adolf Eichmanns, ehemaliger SS-Obersturmbannführer, der 1962 in Israel hingerichtet wurde, schuldig gesprochen für den von ihm organisierten Völkermord an Millionen jüdischen Menschen. Düster ist es hier auf der Bühne des Oberhausener Theaters, auf der auch das Publikum Platz genommen hat. «Alles wird gut. Alles hat seine Zeit.
Da sind wir jetzt, eine ganz normale Familie», raunt es im Zwielicht hinter den Tischen.
Der Dokumentartheatermacher Heinar Kipphardt schrieb sein Stück «Bruder Eichmann» auf Grundlage der Vernehmungs- und Gerichtsprotokolle des Prozesses, 1983 wurde es uraufgeführt. In Oberhausen nun rahmt Kathrin Mädler die Gesprächssituationen mit der Szenerie einer Bestattungsfeier. Aber nichts ist begraben und beendet. Eichmann betritt die Bühne, wiederauferstanden aus Ruinen, einer von uns, mitten unter uns. Torsten Bauer spricht so angenehm freundlich, zurückgenommen leise und mit einem Lächeln auf den Lippen, als würde er von seinen Enkelkindern und deren Kita-Erlebnissen ...
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Theater heute Mai 2025
Rubrik: Chronik, Seite 61
von Sarah Heppekausen
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