Lache, Bajazzo, lache!

Caroline Peters Mutterroman «Ein anderes Leben» hinterfragt die Wahrheiten von Familiengeschichten

Theater heute - Logo

Das namenlose Ich in Caroline Peters Debütroman «Ein anderes Leben» steht am Grab des Vaters, als die «weggesperrte» Erinnerung an ihre vor etlichen Jahren verstorbene Mutter sie überfällt.

Wer war Hanna? Die Frau, die in den 1960er, 70er Jahren nacheinander ihre drei Heidelberger Studienkollegen heiratete? Die mit jedem eine Tochter bekommt und beim letzten, dem Architekten Peter, den alle Bow nennen, hängenbleibt? Im Kölner «Architekten-Haus» mit «amerikanischer Küche» ist kein Zimmer für sie allein vorgesehen, sie versinkt im bürgerlichen Rotary-Leben der «cremefarbenen Gattin».

Aber Hanna passt nicht ins Hausfrauenbild der Nachkriegsjahre, sie ist «aushäusig, nicht inhäusig». Die sprachwütige Poesieliebhaberin lacht jahrelang den Kummer über das ungelebte Dichterleben weg, trinkt morgens im Bett Champagner und sortiert ihr Leben in eine Routinesprache, die wie «gepolsterte Türen vor geheimen Kammern» steht: «So ist das Leben», «Schockschwerenot», «Lache, Bajazzo, lache!». Damit kommt sie durch den Alltag. Bis der schwarze Hund, die Depression, nicht mehr zu verscheuchen ist, die Mutter tagelang nicht aus dem Bett kommt.

Im getriggerten Roman-Ich, das man vielleicht auch ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Dezember 2024
Rubrik: Bücher, Seite 34
von Barbara Burckhardt

Weitere Beiträge
Sieg des Standards

Es gibt Werke, die einen vorzüglichen Eindruck vom Grundgefühl der DDR vermitteln. Brigitte Reimanns Romanfragment «Franziska Linkerhand» ist ein solches, der Film «Unser kurzes Leben», der auf Reimanns Buch basiert, ebenso. Beide nehmen uns mit hinein in die Welt der gebremsten Aufstiegsversprechen in der ostdeutschen Nachkriegsmoderne.

Die Architektin Franziska...

Rücken an Rücken

Vertrauen und Ausdauer braucht es, um in dieses Buch hineinzufinden. Denn es beginnt, gelinde gesagt, im Chaos. Da sind ein «ich» und ein «du», Erinnerungen an random rangezoomte Orte wie Johanngeorgenstadt im Erzgebirge oder Gjirokastër (Städtchen in Süd-Albanien, nicht der letzte Name, den ich gegoogelt habe), die wiederum Kindheiten im Ruhrgebiet wachrufen....

Carte Blanche fürs Gefallenwollen

Sie sind die gar nicht so heimlichen Publikumsmagneten: Solo-Inszenierungen für Schauspieler:innen, die die ganze Palette ihres Könnens auspacken, sich dafür aber auch in der ungeteilten Aufmerksamkeit des Publikums sonnen können. Noch als Intendant am Schauspiel Frankfurt hat Oliver Reese als vielleicht erster in seiner Inszenierung «Die Blechtrommel» mit Nico...