«Kommen Se rinn, da können Se rauskieken»
«Kommen Se rinn, da können Se rauskieken.» – dieser traditionelle Jahrmarktsausruf ziert als Motto jenen Katalog, den Karl-Ernst Herrmann und Erich Wonder zu ihrer gemeinsamen Ausstellung «Inszenierte Räume» im Hamburger Kunstverein 1979 herausgegeben haben. Die lakonische wie verheißungsvolle Aufforderung ließe sich durchaus als eine witzige Weltformel für Karl-Ernst Herrmanns bildnerische und inszenatorische Phantasie anwenden, entspricht sie doch seiner persönlichen direkten Redeweise.
Der Spruch «Kommen Se rinn, da können Se rauskieken» lädt uns ein und verspricht uns ein Erlebnis: Trauen wir uns nun in Herrmanns Räume hinein, so erwarten uns dort tatsächlich die schönsten, die verwirrendsten, die sehnsuchtsvollsten, die erregendsten, die kühnsten Ausblicke – nämlich auf uns. Und sogleich auf unerwartet überwältigende Überraschungen. Die Fenster, die Herrmann in seine Bühnenräume setzt, sind Fenster nach draußen und drinnen zugleich, in die Vergangenheit und in die Zukunft. Diese Fenster sind Horizont und Erwartung. So wie seine Türen Weite und Beginn, Abgrund, hermetische Enge oder das geheimnisvoll Unbekannte imaginieren.
Nicht weit von dem kleinen Stadttheater Gießen, ...
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Theater heute Juli 2018
Rubrik: Nachruf, Seite 38
von
Am Anfang war der Schaumstoff. Acht Köpfe – große, kleine, eckige, breite, zerknautschte, tierische, humanoide – linsen hinten über die schräg nach vorn gekippte Spielfläche und skandieren Schöpfungssätze aus der Genesis. Zwischendurch gucken sie sich an, kommentieren das Gesagte, kichern zu den selbstgeklopften Grantlsprüchen wie Waldorf und Statler aus der...
Zum Schluss stapfen zwei alte Männer (weiß sind sie natürlich auch) durch eine finstere, mit Leichensäcken gepflasterte Ödnis. Der Grauhaarige im höfischen Kostüm fragt den noch Älteren im modernen Lederblouson, wem er denn nun seinen einzigen Sohn überantwortet habe. Der Angesprochene beglückwünscht zur richtigen Entscheidung: «Der Verwesung lieber als / Der...
Tatsächlich: Bochum ist Krähwinkel. Da macht man Revolution und endet in sentimentaler Reaktion. Warum man Nestroys «Posse mit Gesang», die so herrlich nach allen Seiten austeilt, Revolutionäre und Reaktionäre gleichermaßen verspottet, aus dem kurzfristig revolutionierten Wien von 1848 nach Bochum verschleppt hat, ergibt sich auch aus dem ersten Teil des Titels. Um...
