Katastrophen des Kleinstadtlebens

André Szymanski als Yuppie-Architekt, Julia Hummer als bockige Tochter: alte und neue Stars in der neuen Staffel des Kleinen ZDF-Fernsehspiels «Gefühlsecht 2005»

Theater heute - Logo

Noch ins Black klingelt ein Telefon. Der Mann, den es erreichen soll, erscheint Sekunden später, aber die Synchronizität von Ton und Bild schafft keine verlässliche Verbindung: Die Welt des Telefonklingelns und das Universum dieses Mannes existieren allem Anschein nach parallel. Stumm und vollkommen reglos sitzt er am Steuer seines Autos und blickt geradeaus. In sich hinein, durch den Zuschauer hindurch, auf die Windschutzscheibe, in die Leere.

Marcus heißt er, hat seine Großmutter im Kofferraum – und so verdammt smart, wie André Szymanski in dieser Anfangssequenz mit fahlem Anzug, gescheiteltem Haar, abstehenden Ohren und minimalstem Spiel um den linken Mundwinkel herüberkommt, könnte man ihn problemlos in jeden Hitchcock-Film montieren.

Marcus ist Architekt. Erfolgloser Architekt, wie ihn die Telefonstimme erinnert, als er nach endlosem Klingeln endlich abnimmt, «eine Katastrophe». Momentan ist das egal. Marcus verlässt Berlin im BMW über die Avus Richtung Osten, die Asche seiner Großmutter in einer Urne dabei. Wo sie verstreut werden soll, will er ein Grundstück erben. Ihre Beziehung, so viel wird schnell deutlich, ist weniger emotional als geschäftlich. Doch aus dem Geschäft ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Juli 2005
Rubrik: Medien/TV, Seite 60
von Christiane Kühl

Vergriffen
Weitere Beiträge
Lob der Hospitanz

Jetzt kommt das Mitmachtheater», fordert die Bühne. Applaus. «Und wer sind Sie?» «Ich bin Studentin der klassischen Archäologie in Gießen», sagt die junge Frau mit leiser Stimme aus dem Publikum. Applaus. Sie betritt die Bühne und weiß plötzlich ganz genau, wo alles ist: die Blockflöte, die OP-Masken, der Wischlappen. Sie ist blond, sie ist schüchtern. Sie könnte...

Ein Toter unterm Linoleum

Spröder kann ein Titel nicht sein. Aber natürlich versteckt sich darunter eine Idee, genauer gesagt: unter dem Linoleum ein Toter. Gespielt von einem lebendigen Schauspieler (Ulrich Haß); fast unmerklich hebt sich die Bauchdecke, zuckt eine Wimper. Irgendwann, viel später, wird der Tote nicht wirklich überraschend zu sprechen anfangen, vorerst aber, von den...

«Ich will niemanden abhalten, Schulden zu machen»

Theater Heute Kathrin Röggla, in Ihrem neuesten Theaterstück «draußen tobt die dunkelziffer» wimmelt es von Leuten, die tief in den Miesen stecken. Kennen Sie das aus eigener Erfahrung?

Kathrin Röggla (lacht) Wir alle sind verschuldet! Das ist unsere Grunddisposition! Ich muss lachen, weil ich gerade Gilles Deleuzes Postscriptum zu Foucaults...