Gute Nachrichten!?
Gute Nachricht aus Köln? Ja, die gute Nachricht ist ein Termin. Doch damit die Nennung eines Termins eine gute Nachricht wird, muss schon vieles geschehen sein – oder nicht geschehen sein. Und in Köln war das Nicht-Geschehen lange die übliche Nachricht.
2006 fasste der Rat der Stadt den Beschluss, die Oper zu sanieren und das Schauspielhaus neu zu bauen. Der im Wettbewerb siegreiche Entwurf war dem Rat zu teuer, deshalb hatte man einen reduzierten Entwurf angefordert, der nur 295 Mio € kosten sollte.
Inzwischen hatte sich in der Stadt eine Debatte entwickelt, ob man die bestehenden Bauten von 1957 und 1962 abreißen oder renovieren sollte. Nicht zuletzt, weil Karin Beier, damals erfolgreiche Intendantin des Schauspiels, sich nach einigem Zögern an die Spitze der Bewegung für einen Bürgerentscheid pro Renovierung gesetzt hatte, entschied sich der Rat 2010 für die Erhaltung beider Gebäude des Kölner Architekten Riphahn. 2012 begannen die Sanierungsarbeiten. Und das Drama.
Das Schauspiel zog zunächst während des letzten Jahres der Intendanz Karin Beiers in eine innenstadtnahe Ausstellungshalle. Die Oper nutzte verschiedene Spielstätten. Als Stefan Bachmann Intendant des Schauspiels wurde, entschied er sich für die ehemalige Kabellagerhalle «Depot» in Köln-Mülheim. Die Oper richtete sich seit 2015 im Staatenhaus, einer Halle auf dem Messe-Gelände am Rhein, ein. Am 7. November 2015 sollte Eröffnung der renovierten Häuser sein. Das war schon mal die erste «gute» Nachricht aus Köln, die enttäuscht wurde. Die nächste «gute» Nachricht musste neun Jahre warten. Denn nichts wurde fertig auf der Baustelle: Lüftung, Entrauchung, Brandschutz, Gebäudetechnik, die üblichen Probleme von Großbaustellen. Das bisher zuständige Ingenieurbüro wurde gekündigt. Die für die Löschanlage zuständige Firma kündigt selbst der Stadt. Die Kosten stiegen auf 348 Millionen, die Arbeiten ruhten. Alles musste neu geplant werden. Das dauerte aber.
Stefan Bachmann erreicht immerhin, dass während des Stillstands die halbfertige kleine Spielstätte neben der Oper zwei Jahre lang für kleine Vorstellungen genutzt werden kann und nennt sie ironisch «Außenspielstätte am Offenbachplatz». Denn längst ist das Zentrum des Schauspiels in der ehemaligen Kabelfabrik «Carlswerk» im rechtsrheinischen Mülheim so fest verwurzelt wie die Pflanzen des Carlsgartens im Beton, und die Kooperation mit der türkischen Nachbarschaft in der Keupstraße gelingt. Aus einer Notlösung wurde eine Stadtentwicklungsmaßnahme.
In der Innenstadt aber geht es immer so weiter hin mit den Verzögerungen: Fertigstellung vielleicht 2023, Baukosten vielleicht 554 Mio. Dann ein Termin: Schlüsselübergabe 22. März 2024. Das war die zweite täuschend «gute» Nachricht.
Denn der Termin war wieder nicht zu halten. Kosten vielleicht 643 Mio, dann 672 Mio, dann 709 Mio, nun 798 Mio €. Die Gesamtkosten für die Stadt sind wesentlich höher, inklusive Planung, Interimsspielstätten und Finanzierung sind es 1465 Mio €. Inzwischen hat sich Schauspielintendant Stefan Bachmann nach Wien verabschiedet. Sein Nachfolger, Interimsintendant Rafael Sanchez, musste für die Spielzeit 2024/25 mit einem Umzug zurück ins Schauspielhaus planen – oder auch nicht. Eben -so der nun etablierte neue Intendant Kay Voges: Ein Umzug zu Beginn der Spielzeit 2025/26 war zu dem Zeitpunkt, als er planen musste, möglich, aber nicht sicher.
Nun also wieder eine «gute» Nachricht. Zur Spielzeiteröffnung 2026 soll es sein: Eröffnungsfest 19. und 20. September, großer Festakt am 24. September. Die Skepsis gegenüber der Einhaltung dieses Termins ist in der Stadt verbreitet. Denn die «bauliche Fertigstellung» der Gebäude soll zwar Ende dieses Jahres erreicht sein. Aber dann kommt die Überprüfung der Technik, für die ein Vierteljahr veranschlagt ist. Wie arbeiten die verschiedenen technischen Systeme zusammen? In der Dekade der Bauzeit haben sich die Entwicklungen in der Gebäudetechnik beschleunigt. Wie gut die Nachricht von der Eröffnung im September 2026 ist, bleibt abzuwarten.
Auch wenn 14 Jahre Bauzeit für Kölner Verhältnisse noch wenig sind (Nord-Süd U-Bahn: 24 Jahre, Dom 632 Jahre), bleibt so eine schleichende Katastrophe nicht ohne Folgen. Oberbürgermeisterin Reker meinte bei der Bekanntgabe des neuen Eröffnungstermins: «Der Grundfehler war die Annahme, modernste Bühnentechnik ganz problemlos in denkmalgeschützte Gebäude pressen zu können.» Diese nicht ganz neue Einschätzung hat Folgen für die Theaterbauten in der gesamten Republik. Die Diskussion entwickelt sich immer mehr in Richtung auf Abriss und Neubau der Bauten aus den Boom-Jahren der Bonner Republik, dank der Kölner Erfahrungen.
Ebenso gravierend sind die lokalen Folgen. 2023 beschloss der Rat der Stadt die weitere Nutzung der Interimsspielstätte «Depot» des Schauspiels nach dessen Rückkehr in das renovierte Schauspielhaus. Gleichzeitig wurde die Einrichtung einer neuen Tanzsparte beschlossen, die sich mit dem Schauspiel und der Kölner Freien Szene die zwei Spielstätten im Depot teilen sollte. Eine «AG Depotopia» erarbeitete einen Nutzungsplan der drei Kooperationspartner, die Intendanz der Schauspielsparte wurde ausgeschrieben, zwei Tanzcompanien kamen in die engere Wahl. Aber 2024 wurde der Prozess plötzlich gestoppt, die Einrichtung einer Tanzcompagnie bis auf Weiteres abgesagt, das Nutzungskonzept ad acta gelegt und eine der Spielstätten zur Vermietung an eine Musical-Produktionsfirma ausgeschrieben. Grund für dieses brachiale Bremsmanöver: die gestiegenen Kosten für die Renovierung der Theaterbauten im Stadtzentrum. So kann man bei aller Freude über «gute» Nachrichten noch nicht wirklich froh werden über die Zukunft des Theaters in Köln. Es bleibt nur wie schon immer die bange Hoffnung, dass wahr wird, was versprochen wurde.
 
  Theater heute November 2025
 Rubrik: Foyer, Seite 1
 von Gerhard Preußer
 
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