Flaute am Meer
In der Not der Erfindung ist die Hoffnung das Archiv. Dort liegen die gesicherten Schätze der Vergangenheit für all jene griffbereit, die Angst haben, etwas falsch zu machen. Und das Archiv als solches ist heute so groß, tief und weltumspannend, dass der arme Künstler, der mit dem Mut den Einfall verloren hat, vielleicht sogar hoffen darf, fremde Ideen unbemerkt als seine eigenen zu verkaufen.
Im Zweifelsfall sind ja Kategorien wie «Zitat», «Vorlage», «Hommage» oder «Korrespondenz» schnell zur Hand, um plumpen Diebstahl von geistigem Eigentum mit kunsthistorischen Rechtfertigungen zu bemänteln.
Aber es gibt doch Grenzen dieses Zugriffs. Zum Beispiel, wenn man einen viel beschworenen Epochenwechsel in einem berühmten Theater mit einem Bühnenbild beginnt, das über zwei Millionen Menschen live und Millionen andere als Reproduktion bereits von seinem eigentlichen Erfinder kennen. So gesehen am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, wo der neue Intendant Friedrich Schirmer mit der inneren Verpflichtung, sich von seinem Vorgänger Tom Stromberg sowie seinem Nachbarn Ulrich Khuon im Thalia Theater abzugrenzen, eine völlig neue Kunst-Mischung wagen will.
Doch dann stellt Etienne Pluss für die ...
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Mit Vater ist nicht mehr viel los. Er hängt nur noch apathisch rum und redet häufiger mal wirr. Wenn er mit seinen alten Herren zusammen ist, schlagen sie kräftig über die Stränge. Und furchtbar launisch ist er geworden. «Vater, du bist alt. Vater, du wirst peinlich.» So muss es kurz vor der Abschiebung ins Pflegeheim zugehen, oder eben vor der Abschiebung König...
Es ist ein Abend, wie er im Theater eigentlich immer sein müsste: betörend, melancholisch, aber auch gescheit und scharf und ausweglos in seiner Konsequenz. Ein kleines bisschen fahrig vielleicht in seiner Collagierseligkeit, manchmal etwas zu beschwipst von den Einsatzmöglichkeiten des Komödiantischen, aber doch immer Blueprint für das Leben, wie es eben ist oder...
Messer in Hennen» von David Harrower ist so ein Beispiel dafür, wie rasch und sanft sich bis vor kurzem noch als radikal, abgründig und umwälzend gehandelte Stücke in den Stadttheater-Spielplan einfügen. Griffig und assoziativ genug der Titel (bei «Shoppen und Ficken» aus der gleichen Entstehungszeit beispielsweise würde der Kulturausschuss schon hellhöriger...