Es lebe der Zentralfriedhof
Dem Wiener wird ein gewisser Hang zur Todessehnsucht nachgesagt. Wie zur Bestätigung dieses Klischees wurden gegen Ende der Spielzeit an zwei Wiener Bühnen Auftragswerke uraufgeführt, die vom Tod handeln, sich davon aber nicht die gute Laune verderben lassen.
Der 1990 nach Wien emigrierte Bulgare Dimitré Dinev, der auf Deutsch schreibt und inzwischen österreichischer Staatsbürger ist, hat aus seiner Erzählung «Die Totenwache» das Stück «Eine heikle Sache, die Seele» gemacht.
Dem bulgarischen Gastarbeiter Nikodim ist in der Mittagspause ein Kübel auf den Kopf gefallen, weshalb er jetzt im Schlafzimmer seiner Wiener Wohnung aufgebahrt ist. Neben der Witwe und einer professionellen Klagefrau haben sich vier Arbeitskollegen (ein Österreicher, ein Bulgare, ein Rumäne und ein «Jugo») zur Totenwache versammelt; später stoßen auch noch eine Prostituierte (die sich als Studentin des Fachs «Internationale Beziehungen» vorstellt) und drei Musiker dazu.
Im Volkstheater stellt die Bühne (Alexander Müller-Elmau) eine Mischung aus Leichenschauhaus (gekachelte Wände) und Wohnküche dar. Auf dem Tisch steht eingelegtes Gemüse, im Waschbecken werden Plastikflaschen gekühlt, in denen sich ...
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Kurz vor der Premiere muss Richard III. doch noch überstürzt zum Friseur gelaufen sein. Auf den Probenfotos im Programmheft trägt er noch Seitenscheitel zum halblang glatten Haar – wie ein pummeliger Oscar Wilde, der zu lange in den Spiegel geschaut hat. Zum Burgtheater-Rosenkriegsfest erschien er dann allerdings mit kurzem, wildem Stoppelschnitt. So sehen...
Die Finnlandisierung der Welt macht bei Kaurismäki auch vor dem Vereinigten Königreich nicht halt – sein London könnte auch Helsinki sein. Für «I Hired a Contract Killer» hatte der Regisseur 1990, im letzten Herrschafts-jahr der Misses Thatcher, den Kanal überquert – das feuchte England und der trockene britische Humor sind seinem Wesen irgendwie verwandt.
Nachdem...
Man weiß vom Besuch des Teufels beim Dichter Rattengift in Grabbes Lustspiel «Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung» (1822), dass jener aus Mangel an Inspiration an seiner Feder kaut. Solche Zusammentreffen bleiben bekanntlich nicht ohne Folgen. Nicht dass auch Lars Norén an einer Feder saugen müsste! An die 1700 unpaginierte Bögen des gerade erschienenen...