Entlastung vor der Welt
Schön war der Dreißigjährige Krieg nicht, schön ist er jetzt erst geworden – in Kehlmanns Roman «Tyll» und noch schöner in Stefan Bachmanns Bühnenversion. Folter, Hinrichtung, Morde, Schlachten – alle Kriegsgräuel kommen im Roman vor, in wunderbar sparsamer, wasserklarer, geschmeidig fließender Sprache mit dezent gesetzten Pointen. Folter, Hinrichtung, Morde, Schlachten – alle Kriegsgräuel kommen in Bachmanns Inszenierung vor, in eben dieser Sprache.
Kehlmanns Erzähltext wird treulich und verständig wiedergegeben, zunächst von einer Kommentatorin am Bühnenrand, dann übernehmen die Figuren ihn, mit allen narrativen Techniken: Dialog, Kommentar, Bericht (und mit allen komischen Effekten, die entstehen, wenn der Stallbursche im hochfeinen Konjunktiv I berichtet, was er angeblich gerade sagt). Wenn wir hören, wie der Erzähler einen Schuss beschreibt, sehen wir, wie auf der Bühne eine Muskete aufblitzt. Bild und Ton wirken getrennt, gerade indem sie sich doppeln. Bachmann überformt diese Wortsprache nicht, er hinterlegt sie mit einer düster-schönen, kunstvoll reduzierten Bildsprache.
Schwarz auf Schwarz
Die Bühne im großen Depot 1 ist gerahmt (Bühne: Olaf Altmann). Ein riesiger, ...
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Theater heute November 2018
Rubrik: Aufführungen, Seite 16
von Gerhard Preußer
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