Entlastung vor der Welt

Stefan Bachmann inszeniert Daniel Kehlmanns Roman «Tyll», und Moritz Sostmann bringt Christoph Helds Bericht «Bewohner» auf die Bühne des Schauspielhauses Köln

Theater heute - Logo

Schön war der Dreißigjährige Krieg nicht, schön ist er jetzt erst geworden – in Kehlmanns Roman «Tyll» und noch schöner in Stefan Bachmanns Bühnenversion. Folter, Hinrichtung, Morde, Schlachten – alle Kriegsgräuel kommen im Roman vor, in wunderbar sparsamer, wasserklarer, geschmeidig fließender Sprache mit dezent gesetzten Pointen. Folter, Hinrichtung, Morde, Schlachten – alle Kriegsgräuel kommen in Bachmanns Inszenierung vor, in eben dieser Sprache.

 

Kehlmanns Erzähltext wird treulich und verständig wiedergegeben, zunächst von einer Kommentatorin am Bühnenrand, dann übernehmen die Figuren ihn, mit allen narrativen Techniken: Dialog, Kommentar, Bericht (und mit allen komischen Effekten, die entstehen, wenn der Stallbursche im hochfeinen Konjunktiv I berichtet, was er angeblich gerade sagt). Wenn wir hören, wie der Erzähler einen Schuss beschreibt, sehen wir, wie auf der Bühne eine Muskete aufblitzt. Bild und Ton wirken getrennt, gerade indem sie sich doppeln. Bachmann überformt diese Wortsprache nicht, er hinterlegt sie mit einer düster-schönen, kunstvoll reduzierten Bildsprache.

Schwarz auf Schwarz

Die Bühne im großen Depot 1 ist gerahmt (Bühne: Olaf Altmann). Ein riesiger, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute November 2018
Rubrik: Aufführungen, Seite 16
von Gerhard Preußer

Weitere Beiträge
Wien: Fräuleins als Ware

Ödön von Horváths traurige White-Trash-Figuren haben Konjunktur. Seine Arbeitslosenballaden sind schließlich ideal, um über die emotionale Kälte unserer neoliberalen Gesellschaft und aktuelle Entsolidarisierungstendenzen, die soziale Ungleichheiten verschärfen, zu erzählen. Die #MeToo-Debatte könnte Horváth weiteren Auftrieb geben: Zur Ware degradiert wurden jene...

Super bekannt und extrem fremd

Bislang stand am Ende von John Drydens «Dramatick Opera» das feierliche Lob der britischen Nation. Ein freudiger Festakt nach vollbrachten Kämpfen: Die Briten haben über die auf die Insel vorgerückten Sachsen gesiegt, König Arthur mit Emmeline die Frau gewonnen, um die er mit dem Sachsenherrscher Oswald gestritten hat, selbst Zauberer Merlin hat Hexer Guillamar vom...

In Raum und Zeit

So einen Saisonauftakt wünscht man sich doch! So ein großes Get Together. Zwei der ersten Häuser ihrer jeweiligen Re­gionen schlagen eine Schneise durch die Republik und finden zum multimedialen Großevent zusammen: «Die Parallelwelt», parallel erarbeitet am Theater Dortmund und Berliner Ensemble, parallel aufgeführt, abgefilmt und live versendet auf die jeweils...