Ein falsches Spiel

Roland Schimmelpfennig «Lied der Nibelungen»

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Nichts stimmt an dieser Geschichte. Nicht die Prophezeiung, dass Brunhild, die kampferprobte Königin von Island, und Siegfried, der Drachentöter aus Xanten mit dem magischen Schwert, der Nebelkappe, dem Nibelungenschatz und der gepanzerten Haut, für -einander bestimmt sind. Nicht die Werbung des burgundischen Losers König Gunter um die mächtige Brunhild. Nicht sein Sieg über sie und auch nicht der Geschlechtsverkehr mit ihr. Nicht die Hochzeit seiner Schwester Kriemhild mit Siegfried. Nicht das Wirken der christlichen Religion und nicht das Walten alter Götter.

Nicht die Farben und das Licht in Worms. Nicht der Krieg, der angekündigt wird. Nicht die Rechtsprechung im Land. Nicht die zweite Hochzeit von Kriemhild mit dem Hunnen-König Etzel. Und nicht einmal die Stelle des Rheins, an der Hagen von Tronje den Nibelungenschatz versenkt. Bis heute bleibt der unauffindbar. Und selbst die oft besungene Kleinwüchsigkeit des Nibelungenschatzhüters Alberich muss in Frage gestellt werden.

Jeder spielt hier falsch. Keiner begehrt das Richtige. You can’t always get, what you want. Auch die Geige vergreift sich im Ton und zerschneidet mit ihren reißenden Saiten dem Geiger das Gesicht.

An dieser ...

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Theater heute Jahrbuch 2024
Rubrik: Neue Stücke, Seite 158
von Sybille Meier

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