Disney-Apokalypse

Svealena Kutschke «No Shame in Hope – Eine Jogginghose ist ja kein Schicksal» am Theater Oberhausen

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In Abendkleidern sind sie im Halbdunkel am schnöden weltenthobenen Ruhrpott-Imbiss «Happy End» gestrandet. Minutenlang bleibt alles still, während nur das Neonlicht klackert und blinkt – fast schon ein verdreifachtes Edward-Hopper-Bild der ästhetisierten Verlorenheit (Bühne und Kostüme Franziska Isensee). Und dann heben die drei Frauen an zu einem lieblichen chorischen Gesang: «This is fear. Leaving your body.» Ein zauberhaftes Glockenspiel erklingt, das Licht geht an, und siehe da: Linn, Luca und Carla sind wie drei Märchenprinzessinnen aus Disney-Filmen gesprungen.

Denn, wie der Untertitel schon so schön sagt, «Jogginghosen sind ja kein Schicksal» – jene Jogginghosen, die sie in der Klinik tragen mussten, aus der sie gerade entlassen worden sind. Ein Schneewittchen mit starren Zügen (Franziska Roth) und eine hellblau-blonde Cinderella (Ronja Oppelt) blicken betont unbeteiligt, während eine vergoldet-geraffte Belle (Maria Lehberg) aus «Die Schöne und das Biest» die Romantik von Frittiermief und Plastikstuhl-Ambiente preist. Irgendwie beruhigend, wenn alles ein bisschen hässlich ist, beruhigen sie sich. Bei all dem Schönheitsterror für Frauen wirkt so ein bisschen Imbiss-Elend ...

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Theater heute Februar 2024
Rubrik: Chronik, Seite 60
von Dorothea Marcus

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