Die Kompromisslose

Furiose Charakterstudie in einem umstrittenen Biopic: Meryl Streep als «Die Eiserne Lady» Maggie Thatcher

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Zuerst schiebt sich eine Hand – sie ist runzelig – ins Bild, die in einem Regal nach einer Tüte Milch greift. Eine alte Frau unter einem Kopftuch schlurft an die Ladenkasse und zahlt 49 Pence für das Lebensmittel. Margaret Thatcher kannte immer den Preis – den für Milch, den für die Prosperität Englands, den für die eige­ne Karriere und den für den Ruhm. Denis, ihr Ehemann (Jim Broadbent), ist längst tot, aber er sitzt mit am Frühstückstisch und teilt mit ihr das Geisterhaus der Erinnerungen.

Ihr Versuch, das Angesammelte in den Schränken und in den Ablagerungen ihres Gehirns zu entrümpeln, setzt die dramaturgische Mechanik dieser Film-Biografie in Gang. Dies und das Halluzinieren.

Die frühere Premierministerin leidet an Alzheimer. Von der Gegenwart des Gedächtnis–schwunds aus betreibt sie Selbstbeschau, ohne dass die Technik der Rückblende hier sonderlich souverän, originell und Erkenntnis stiftend bedient würde. (Wie sehr trägt im Vergleich Clint East­woods Montage-Methode in «J. Edgar» zur Entschlüsselung seiner Hauptfigur Hoover bei.) In «The Iron Lady» stellt sie unter der Regie von Phyllida Lloyd eher den Notnagel dar, an dem die verschiedenen Porträts der 1925 geborenen ...

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Theater heute März 2012
Rubrik: Magazin: Kino, Seite 60
von Andreas Wilink

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