Der Mensch ist verrückt geworden

Miroslava Svolikova «Gi3F (Gott ist drei Frauen)»

Theater heute - Logo

Ist die Zeit gerast oder stand sie still? Wann ist Zeit zu Halbwertzeit geworden, die (nicht nur nuklearen) Verfall markiert? War vor dem Anfang schon das Ende da? Diese Fragen stellt sich die göttliche Dreifaltigkeit in Miroslava Svolikovas Stück, in dem, titelgebend, Gott drei Frauen ist. Sie schauen auf die Erde, die ökologisch und mental am Ende zu sein scheint, und mit ihr die gesamte Schöpfung. Wenn das alles gewesen sein soll, ist es ziemlich misslungen. Seltsamerweise wird das Desaster eher lakonisch von ihnen beschrieben und zur Kenntnis genommen. «blau und grün, seht ihr.

hier geht die sonne auf, hier geht sie unter. hier ist es schön, aber hier tut schon wieder jemandem etwas weh.» «ich seh überhaupt nur schmerz, wenn ich da hinunter schau.»

Wem die Schuld geben für das Elend, auf wen den sprichwörtlichen ersten Stein werfen, den jede der drei in Händen hält, um sich damit als Schöpfende selbst aus der Verantwortung zu ziehen? Das uralte Problem, wie sich die Allmacht und Güte des Göttlichen angesichts des Leids in der Welt rechtfertigen lässt, hat auch bei den Dreien Spuren hinterlassen. Sie legen die Steine erstmal ab, auf die Erde, die unter dieser Last sich selbst ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Jahrbuch 2021
Rubrik: Neue Stücke, Seite 158
von Remsi Al Khalisi

Weitere Beiträge
Strömen statt Streamen

Ich bin, das mal vorausgeschickt, keine technikaffine Person. Immer, wenn ich ins Internet gehe, weiß ich nicht genau, was ich da eigentlich soll. Das Überangebot an Möglichkeiten verschreckt mich. Um es nutzen zu können, müsste ich ja wissen, was mich interessiert. Oft weiß ich das nicht. Beziehungsweise, es interessiert mich eigentlich alles! Diese Einstellung...

Die Gespenster sind wir

Am 6. Januar 2021 gingen plötzlich verstörende Bilder um die Welt: Marodierende Proud Boys zogen durch die Flure des Capitols. In den letzten Jahren entwickelte sich eine ganze Ikonografie von Bildern, die aus verschiedenen Perspektiven den Gedanken aufwerfen, dass unsere Art zu leben ganz und gar nicht alternativlos sein könnte und mithin die sie repräsentierenden...

Die Gewalt des Urplötzlichen

Aber natürlich wird das Theater in zwanzig Jahren anders sein – in hundert Jahren allemal. Und es versteht sich, dass das Theater keinen Bogen ums Digitale machen kann. Allen Anhängern des analogen Theaters sei das zugerufen: Ja, es wird ein digitales Theater geben. Mein Spiegel im Bad klebt schon von den Aerosolen dieses Ausrufes, mein Bücherregal im Arbeitszimmer...