Der Geruch von Lawinen
Drei braunweiße Bernhardiner altern in ihrem verwitterten Holzverschlag vor sich hin, um ihre felligen Hälse hängen die ikonischen kleinen Eichenfässchen. Wir befinden uns am Fuße eines großen Schweizer Bergs. Idyllisch. Doch was versteckt sich hinter dem romantischen Postkartenbild? Anaïs Clerc, in der Spielzeit 2023/24 Hausautorin bei den Bühnen Bern, zieht in ihrem Stück immer enger werdende Kreise um das, was nicht gesagt werden kann.
Ihr Schreiben unternimmt eine Suche nach einer Sprache für die Sprachlosigkeit, die sich Raum nimmt, wenn mehr passiert ist als besprochen werden kann. In Anaïs Clercs Alpenwelt sprechen sie alle, die Menschen wie die Nicht-Menschlichen: die Bernhardiner genauso wie der Berg. Sie haben viel erlebt und viel gesehen – und einiges dazu zu sagen. Die Eichenfässchen der Hunde schimmeln schon. Die Idylle scheint zu wanken. Der Berg grollt seit Neuestem vor sich hin, und bei genauerem Hinhören stellt sich heraus: Was wir für standhaft und unerschütterlich erachtet haben, steht nicht so still wie erwartet. Um zu beschreiben, welche (gesellschaftlichen) Veränderungen sich anbahnen, ringt Clerc mit ihren Protagonist:innen um Worte.
Die Bernhardiner sollen ...
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Theater heute Jahrbuch 2024
Rubrik: Neue Stücke, Seite 145
von Elisa Elwert
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Ärgerlich ist, dass der Rückhalt schwindet. Den künstlerischen Leitungen kann ich keinen Vorwurf machen. Ganz im Gegenteil. Alle Leitungen, mit denen ich an komplizierten antirassistischen Theater-Projekten gearbeitet habe oder jetzt auch arbeite, unterstützen mich. Dennoch tun die Nadelstiche gegen solche Arbeiten weh: Nicht einzeln für sich genommen, aber in der...
Wann haben Sie sich zuletzt so richtig geärgert, und warum? Nichts leichter, als diese Frage zu beantworten, dachte ich zuerst, und dann wurde es doch schwer, da ich mich im Theater ständig ärgere. Gerade kam ich an ein Theater als Gast zurück, in dem ich länger fest gearbeitet habe, und ein ehemaliger Kollege sagte zu mir, dass er meine Wut in den Sitzungen...