Das Stottern im System

In «Ever Given» verbindet Helgard Haug (Rimini Protokoll) den Stau im Suezkanal mit individuellen Biografien, in denen etwas klemmt

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Schauspieler können nicht stottern. Besser gesagt: Sie wissen nicht, wie man Stottern richtig spielt. «Typisch ist, dass sie nichts anderes machen, als Silben zu wiederholen», sagt Marianne Vlaschits. Ihr Stottern sei viel zu regelmäßig, es fehlten die langen, verstörenden Pausen. «Das Elementare am echten Stottern ist ja, dass der Rhythmus total zerstört wird.»

Vlaschits ist eine bildende Künstlerin aus Wien und stottert, seit sie sprechen kann.

Sie ist eine von vier Personen, die in der neuen Rimini-Produktion «Ever Given» auftreten – weil ihr während der Proben etwas dazwischengekommen ist («Es kam ein Angebot, dass ich nicht ablehnen konnte»), kann sie allerdings nur als Talking Head per Video dabei sein. Der Gedanke, sie durch eine Schauspielerin zu ersetzen, wurde – siehe oben – verworfen.

Formal schließt Helgard Haug mit «Ever Given» an ihre erfolgreiche Produktion «All right. Good night.» (2021) an; wieder setzt die Autorin/Regisseurin einen spektakulären Unfall, den alle aus den Weltnachrichten kennen, mit privaten Schicksalen in Verbindung. Damals schloss Haug das mysteriöse Verschwinden einer Maschine der Malaysia Airlines 2014 mit dem mählichen Verdämmern ihres an ...

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Theater heute Februar 2025
Rubrik: Aufführungen, Seite 22
von Wolfgang Kralicek

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