Das Dorf im See
In einem Alpendorf geht alles den gewohnten Gang. Die Bäckerin wühlt in Teigschlieren, die Bankangestellte schafft Geld beiseite, die Mesnerin hält Kontakt zu höheren Mächten. Alle drei sortieren untereinander ihre Affären, derweil sitzt der Jäger daheim und masturbiert im Beisein des einzigen Gefährten, eines sprechenden Hundes. Der Chor der Handball spielenden Jugendlichen wiederum dünstet altersgerecht hier Pöbeleien und dort eine Weisheit aus. Geprägt wird das Dorfleben vom bemerkenswerten Umstand, dass es «vor 50, 60, 70 Jahren» in einem Stausee versunken ist.
Die Bewohnerinnen und Bewohner «haben den Atem angehalten, als das Ende der Geschichte noch nicht erreicht war, als Systeme konkurrierten und kleine Männer für Götter gehalten wurden».
Die Abschottung funktioniert märchenhaft gut. Wobei sicher hilft, dass physiologische Fragen – etwa nach Atmung oder Alterung – in diesem Mikrokosmos keine Rolle spielen. Die Zeit da unten steht in der Tat still. Allein der Kirchturm ragt wie eh gen Himmel.
Für ihr Stück «Der Grund. Eine Verschwindung» haben sich Ivana Sokola und Jona Spreter von einem Skandalprojekt in Südtirol inspirieren lassen. Am Reschensee wurden in den 1940ern ...
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Theater heute Dezember 2024
Rubrik: Chronik, Seite 61
von Stephan Reuter
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