Das Denken aus der Eiszeit

Durs Grünbeins großes Erzählgedicht «Vom Schnee» als Hörspiel

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Es war im November 1619, kurz nach Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs. René Descartes, ein 23-jähriger Offizier im Dienste der Armee Moritz von Oraniens, sitzt fest im Winterquartier in Neu­burg bei Ulm. Wieder war ungewöhnlich viel Schnee gefallen – diese Periode langer, harter Winter in Mit­teleuropa gilt später als «kleine Eiszeit» –, und nicht nur der Kriegsbetrieb ruhte. In ei­ner spartanischen Ofenstube kam Descartes der Traum, der die neuzeitliche Philosophie einleiten sollte, als deren erste Quintessenz «Co­gito, ergo sum» stand.


Es habe sich um ein Dictionnaire aller Begriffe gehandelt, und der schlafende Denker machte sich bereits im Traum Gedanken, die Vollständigkeit dieses Buches mit Blick auf die Summe aller Wissenschaften in Zweifel zu ziehen. Auch habe ihm der Satz «Welchen Lebensweg soll ich einschlagen?» vor Augen gestanden. Erwacht, zog Descartes erste Schlüsse – Material für seine Meditationen, die er bis in die Mittagsstunden im Bett abzuhalten pflegte und deren Erkenntnisse in spätere Schriften mündeten, darunter die folgen­reiche «Abhandlung über die Methode des richtigen Vernunftgebrauchs und der wissenschaftlichen Wahrheitsforschung». Das verschneite ...

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Theater heute Mai 2005
Rubrik: Medien/TV, Seite 72
von Thomas Irmer

Vergriffen
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