Das afrikanische Gefühl
Während der Abspann läuft, hört man sie noch einmal, die dünne Männerstimme mit dem zittrigen Tremolo, nüchtern, kein bisschen sentimental, dafür aber mit einem Rest Angriffslust in der abgeschnürten Kehle. So wie zuvor schon den «Wegweiser» und den «Leiermann», singt Josef Bierbichler das Lied «Die Nebensonnen» aus Franz Schuberts und Wilhelm Müllers «Winterreise» – schutzlos und gegen alle Regeln schöner Kunst, so, dass klar ist, da singt einer (für) sich selbst.
Fast hat man den Eindruck, als hätte der Regisseur Hans Steinbichler, Jahrgang 1969, seinen zweiten Kinofilm «Winterreise» nur gedreht, um irgendwie zu diesem Abspann zu kommen oder zuvor zu der Einstellung, in der Bierbichler sich in einer kenianischen Hotellobby ans Klavier setzt, um den «Leiermann» zu singen, wobei das Wo gar nicht so wichtig ist. Ein Mensch geht zu Ende, und Bierbichler singt Schuberts Endzeitlieder – das wär’s gewesen, das hätte im Grunde schon gereicht.
Brenningers Niedergang
Aber natürlich geht es Steinbichler um vieles mehr, um einen langen Abschied aus dem bürgerlichen Leben, um das Abrutschen eines großmäuligen Unternehmers aus der Normalität von Geschäftswelt und Familie und um die ...
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