Christopher Schmidt: Da kommt was hoch
Als im Sommer 2009 das Foto eines erstaunlich gut erhaltenen Bugatti Brescia Typ 22 Roadster, Baujahr 1925, um die Welt ging, setzte das die Fantasie in Gang. Dass da eines der schönsten Automobile, die jemals gebaut worden waren, über siebzig Jahre lang auf dem Grund des Lago Maggiore gelegen hatte, konserviert von den Schichten aus Schlamm und Schlick wie die Mumie eines Pharaos, wirkte wie eine Epiphanie des technischen Zeitalters.
Verlustgeschichten aus Schlamm
Die versunkene Ära des mondänen Motorsports der zwanziger und dreißiger Jahre kam an die Oberfläche – mit ihren tollkühnen Männern in klapprigen Kisten. Wie war der Bugatti hier, an der Uferpromenade von Ascona, in den See geraten, ausgerechnet an diesem so geschichtsfernen, geradezu sediert wirkenden Ort, im Tessin, dem beschaulichen Rentnerparadies in der italienischen Schweiz, dessen friedvolle Idyllik selbst so etwas ausstrahlt wie Totenruhe? Und was mochte aus seinem Besitzer geworden sein? Das Auftauchen des Bugattis, den Taucher bereits in den sechziger Jahren entdeckt hatten, ohne freilich zu ahnen, welcher Schatz sich hinter der verrosteten Radnabe verbarg, die einsam in fünfzig Metern Tiefe aus dem Schlamm ...
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Theater heute Juni 2012
Rubrik: Akteure, Seite 41
von Christopher Schmidt
Borchert, unplugged – das hätte man sich so vorzustellen: 50 Seiten Text voller Pathos, voller Redundanz, 16 Rollen, u.a. der liebe Gott, der Tod und die Elbe, das Ganze gipfelnd im Aufschrei: «Gibt mir denn keiner, keiner Antwort???»
«Draußen vor der Tür» ist eine invertierte Odyssee, der späte Kriegsheimkehrer erscheint nicht als kraftstrotzender Bogenschütze,...
Ein ungarisch-österreichisches Grenzschloss bei Rechnitz Mitte des vergangenen Jahrhunderts atmet einen gewissen Stil. Die rautenbespannten Wände, die Reitstiefel in der Garderobe verbreiten gediegene Jagdschloss-Atmo, gleich kommt der Herr Graf um die Ecke und bittet zur Fuchsjagd. Stattdessen schauen fünf grinsend befrackte Schlossgespenster herein, edel...
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