Bremen: Das Blut, das Salz, das Leben

Fritz Kater «Love you, Dragonfly»

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«Die Sonne Satans schien vom Meer her, das man nicht sah, aber roch.» Das ist so ein Fritz-Kater-Satz von poetischer Wucht, ein Satz in den schon all das Grauen eingeschrieben ist, das das Mädchen (Mirjam Rast) erleiden wird, im Wäldchen, wo der Vergewaltiger (Manolo Bertling) wartet.

«Die Sonne Satans», das ist der Hamster, den der Angreifer dem Mädchen schenkt, die Pulle Schnaps, die er ihr reicht, ihr Spiel mit Macht und Ermächtigungsstrategien, und schließlich der Schlag, den er ihr versetzt, das Zurechtrücken der Verhältnisse, die Klarstellung: Wer ist hier stärker? 

«Die Sonne Satans schien vom Meer her» ist zwar ein wuchtiger Satz, aber er ist auch falsch in dieser Inszenierung von Katers «Love you, Dragonfly» am Theater Bremen. Er stimmt nicht, weil die Figuren klatschnass sind, überall tropft es, und keine Sonne scheint von irgendwoher. Ein Satz mit Fallstricken, ein Satz, der einen auf unsicheren Boden führt. «Den schwarzen Grund empfinden nur die Geweihten», endet die Episode, noch so ein Fritz-Kater-Satz.

Katers «Love you, Dragonfly» wurde vor zwei Jahren von Alice Buddeberg mit analytischer Genauigkeit in Bonn als Episodendrama urauf­geführt. Die zweite Inszenierung ...

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Theater heute November 2018
Rubrik: Chronik, Seite 55
von Falk Schreiber

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