Bechtolfs Traum
In Shakespeares «Sommernachtstraum» wird Zettel als lächerliche Figur eingeführt, weil er alle Rollen des Stücks im Stück spielen will: Pyramus, Thisbe, den Löwen, und man darf vermuten: eigentlich auch die Wand und das Mondlicht. Im echten Theaterleben steht solcher Übereifer dagegen unter dem Verdacht, die hohe Schule des Virtuosentums auszumachen. Wenn etwa ein Schauspieler alle Rollen von Shakespeares «Richard II.» spielt, wie es jüngst am Hamburger Thalia Theater geschehen ist, dann weht schon ein wenig Ehrfurcht durchs Parkett.
Wie gibt man den König und den Bolingbroke, den Geist Johann von Gaunts und die schöne Königin, ja selbst Nebenfiguren wie den Herzog von Norfolk im dialogischen Wechsel? Sven-Eric Bechtolf, Schauspieler, Regisseur und ab 2011 auch Schauspiel-Chef der Salzburger Festspiele, ist der Mann, der das alles kann. Kann das anders als lächerlich werden?
Zunächst ist Bechtolf nicht Zettel, weil er ein Profi ist. Er findet tatsächlich für jede Figur einen eigenen Ton und eine eigene Körpersprache. 30 Jahre Bretterschule bei Jürgen Flimm und an der Burg haben Bechtolf Effektsicherheit gelehrt. Er weiß, wie man den weinerlichen Fürsten spielt, der sich verraten ...
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