Aus der Fremde
Voriges Jahr hat Sylvie Rohrer den Himalaya bestiegen. Im Alleingang, ohne Sauerstoffflaschen. Und das kam so: Im Kasino des Burgtheaters sollte der Schweizer Musiker und Regisseur Ruedi Häusermann die österreichische Erstaufführung von Elfriede Jelineks «Über Tiere» inszenieren. Und er wollte das Stück mit einer einzigen Schauspielerin machen. Bei einem Text wie diesem könnte einem ein solches Vorhaben Angst machen.
Rohrer aber dachte nur: «Gut, dann will ich auf den Himalaya!»
Tatsächlich ist «Über Tiere», wie alle späteren Jelinek-Dramen, ein Hochgebirge von einem Text. Und überall tun sich Abgründe auf. In der charakteristischen Jelinek-Dialektik stehen einander zwei dunkle Seiten des Begehrens gegenüber. Zuerst spricht eine Frau, die in masochistischer Selbstzerfleischung die schwindende sexuelle Attraktivität ihres Körpers beklagt. Danach reden männliche Kunden eines Escort-Service über die von diesem vermittelten Prostituierten, als wären es Tiere. Keine angenehme Lektüre. Doch Sylvie Rohrer war von dem Stück auf Anhieb hingerissen. «Wenn man so einen Text drei Stunden täglich spricht und lernt, kann man wirklich in ihn eindringen, sich ihn einverleiben. Ich beneide auch ...
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