Auf Krieg folgt Krieg

Lars Norén «Krieg»

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Ein Krieg ist zu Ende. Dass er damit für die Menschen, die ihn erlebt ha­ben, für all die Heimkehrenden, Befreiten, Zurückgebliebenen noch lange nicht beendet ist, wird meist verdrängt. Anders in Lars Noréns jüngs­tem Stück, in dem er zeigt, dass Krieg und die Folgen eines Krieges strukturell gleich zerstörerisch sind.

Ein Familienvater kehrt aus dem Lager zurück. Nicht nur körperlich –  man hat ihm in der Gefangenschaft die Augen ausgebrannt –, sondern auch emotional ist er zum Krüppel geworden.

Nichts wünscht er mehr, als nach Hause zu kommen und seine Familie wiederzusehen. Doch auch hier findet er vom Überlebenskampf ausgebrann­te Menschen vor, verhärtet und zutiefst verletzt. Außer seiner jüngsten Tochter Semira hat niemand mehr seine Heimkehr erhofft, im Gegenteil, in den Trümmern seines ehemaligen Hauses wird er zum Eindringling. Seine Frau hat inzwischen eine Beziehung mit seinem Bruder Ivan, die ältere Tochter Beenina pros­tituiert sich für ein wenig Essen und hofft, von ir­gend­einem Freier in ein anderes Leben mit­genommen zu werden. Selbst der Hund ist dem Hunger zum Opfer gefallen – man hat ihn in der Not gegessen. 

Das alles soll der Blinde natürlich nicht erfahren, ...

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Theater heute April 2005
Rubrik: Chronik, Seite 32
von Natalie Bloch

Vergriffen
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